Menschliches Leid und hohe Kosten
Wie chronische Erkrankungen die Gesundheitssysteme belasten.
Schwarzach Während im 19. Jahrhundert die Infektionskrankheiten im Fokus der Medizin standen, kommt im 21. Jahrhundert ein neuer Feind hinzu. Die Nichtübertragbaren Chronischen Krankheiten (NCDs) sind inzwischen weltweit gesehen die häufigste Todesursache. 2016 kosteten sie rund 41 Millionen Menschen pro Jahr das Leben. In den USA ist mittlerweile jeder Zweite von NCDs betroffen. Bereits 2010 hat China die USA als Land mit den meisten Diabetes-Diagnosen überholt.
Kosten über Jahrzehnte
Die andere Seite dieser Medaille ist, dass chronische Krankheiten zu enormen wirtschaftlichen Kosten führen. Im Jahr 2010 verursachten sie laut Schätzungen des Weltwirtschaftsforums und der Harvard School of Public Health weltweit rund 6300 Milliarden US-Dollar an Ausgaben. In den USA beispielsweise liegen sie bei 86 Prozent, in der Schweiz bei 80 Prozent. Der Anteil an den Gesamtkosten ist so hoch, weil chronische Krankheiten zum einen viele Menschen betreffen, zum anderen Kosten über Jahrzehnte hinweg entstehen. Der Preis für die ständig steigende Lebenserwartung wird also für viele Staaten zur Herausforderung, wenn sie die Kosten der mit zunehmendem Alter immer weiter verbreiteten chronischen Krankheiten nicht in den Griff bekommen. Die Lebenserwartung der Bevölkerung hängt nämlich eng mit den Gesundheitsausgaben eines Landes zusammen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Geld im Gesundheitssystem steckt, desto länger leben die Menschen. Doch nicht nur der Kostendruck auf die Gesundheitssysteme ist enorm, er treibt auch Menschen ohne Versicherungsschutz ins finanzielle Verderben, wie die Autoren am Beispiel von Betroffenen aus verschiedenen Ländern aufzeigen. Dazu kommt noch das, durch die Erkrankung verursachte persönliche Leid, an dem auch Familien mittragen. Angehörige müssen beruflich kürzertreten, um die Pflege gewährleisten zu können. Chronische Krankheiten haben also viele Seiten. Sie sind ein globales Phänomen, das Milliarden betrifft und Milliarden kostet. „Die meisten Länder haben bisher allerdings keine nachhaltige Antwort auf die Frage, wie sie damit umgehen sollen, gefunden“, resümieren die Autoren. VN-MM
Die Kernthesen des Kapitels
» Chronische Krankheiten (NCDs) sind die neue große Herausforderung für das Gesundheitswesen. Milliarden Menschen weltweit leiden an Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie an psychischen Krankheiten.
» Diabetes wird zum Wirtschafts- und Gesellschaftsrisiko in China. Jeder Zweite hat dort erhöhte Blutzuckerwerte.
» Entwicklungsländer in Asien und Afrika sind doppelt belastet. Sie kämpfen immer noch mit Infektionskrankheiten und Säuglingssterblichkeit und werden zugleich von der Epidemie der NCDs erfasst.
» Patienten mit chronischen Krankheiten leben über Jahrzehnte mit ihrer Krankheit. Geheilt werden die wenigsten, viele leiden.
Lesen Sie in der nächsten Folge: Do-it-yourself-Medizin
Eine Datenbank an Kliniken, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen für Betroffene findet sich auf: https://diabetes-selbsthilfe.com/