Hilfreiche Genanalyse

Neue Möglichkeit der personalisierten Medizin in der Psychiatrie.
Bregenz Medikamente bringen nicht immer den Erfolg, den sich Patienten bzw. deren Ärzte erhoffen. Das gilt für viele psychiatrische Erkrankungen. Da kommt es durchaus vor, dass Psychopharmaka keine Verbesserung bringen, nicht vertragen werden oder die Einnahme mit Nebenwirkungen verbunden ist. Eine Ursache kann eine genetische Veranlagung sein, die den Stoffwechsel von Medikamenten beeinflusst. Auch Cornelia Feurstein, Fachärztin für Psychiatrie in Bregenz, kennt solche Situationen. Sie erzählt von einer Patientin, bei der genau diese Vermutung nahelag. Deshalb beschäftigte sich Feurstein eingehend mit der sogenannten pharmakogenetischen Analyse. „Damit lässt sich die Dosierung von Medikamenten gezielter dem Status des Patienten anpassen“, erklärt die Psychiaterin, die die personalisierte Medizin auch für ihren Fachbereich als möglicherweise bedeutend für die Zukunft einstuft.
Nachgefragt
Mittlerweile wissen Patienten um diese Möglichkeit und fragen bei der Ärztin von sich aus danach, speziell nach einem längeren Leidensweg. Cornelia Feurstein bietet die pharmakogenetische Analyse allerdings noch nicht standardmäßig an. „Es wird zwar schon lange in diese Richtung geforscht, die Anwendung im klinischen Alltag ist aber relativ neu“, erklärt sie. Auch stecke sie damit noch in den Kinderschuhen, und die Relevanz für den Therapieverlauf müsse sich erst zeigen. Die Analyse führt ein Labor in Salzburg durch. Dorthin wird das dem Patienten abgenommene Blut geschickt. „Als Partnerarzt erhält man ein Online-Tool zur Verfügung gestellt, in dem die verschriebenen Medikamente aufgelistet werden. Ein Diagramm zeigt, welches Medikament sehr schnell oder sehr langsam verstoffwechselt wird“, beschreibt Cornelia Feurstein die Vorgehensweise.
Viele Medikamente, die in der Psychiatrie zur Anwendung kommen, werden über die Leber verstoffwechselt. Das Tempo des Abbaus bestimmen unter anderem die Gene. „Hier gibt es eine große Variabilität.“ Die pharmakogenetische Analyse gibt Aufschluss über den individuellen Arzneimittelstoffwechsel, und der Arzt kann die Behandlung von Anfang an effizienter anpassen. Feurstein will jedoch keine Euphorie schüren: „Ausschlaggebend sind dennoch Wirkung und Verträglichkeit im Verlauf der Therapie. Die Verstoffwechslung ist nur ein Teil dessen, was die Wirksamkeit eines Medikaments letztlich bedingt.“
Kosten bleiben bei Patienten
Grundsätzlich lässt sich die Pharmakogenetik auf alle psychiatrischen Erkrankungen anwenden, bei denen Medikamente zum Einsatz kommen, die über das Enzymsystem in der Leber abgebaut werden. Infrage kommt es laut der Fachärztin bei Patienten, die schon lange an einer psychiatrischen Erkrankung leiden, die Medikamente aber nicht wirken, Unverträglichkeiten oder starke Nebenwirkungen auftreten. Eine Analyse bedeutet jedoch eine enorme finanzielle Belastung für die Patienten, weil sie die Kosten selbst zu tragen haben. „Man kann aber annehmen, dass solche Analysen auch für das Gesundheitssystem kosteneffizient sein können“, sagt Cornelia Feurstein und ergänzt: „Es liegen keine nachweisenden Studien dazu vor.“
Gleichzeitig betont die Fachärztin für Psychiatrie: „Es gibt noch andere Gründe, warum ein Medikament nicht anschlägt. Die genetische Variation ist nur eine von mehreren Ursachen.“ Das müsse mit den Patienten immer sehr gut besprochen werden, um keine zu hohen Erwartungen aufkommen zu lassen. VN-MM
„Ein Diagramm zeigt, welches Medikament schnell oder langsam verstoffwechselt wird.“