Schmerzpatient Kurt Gerszi über seine Erfahrungen mit Cannabis

Gesund / 26.03.2024 • 06:30 Uhr
Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
Nach einer schweren Hirnblutung fand Kurt Gerszi in Cannabisprodukten eine wirksame Methode zur Schmerzlinderung. Seine Geschichte bietet einen Einblick in den Alltag und die Herausforderungen eines Schmerzpatienten. Fotots: VN/Paulitsch

Kurt Gerszi überlebte eine schwere Hirnblutung und fand in Cannabisprodukten eine ergänzende Methode zur Schmerzlinderung.

Schruns Am 29. September 2010 nahm das Leben von Kurt Gerszi eine dramatische Wendung. Der Montafoner erlitt an diesem Tag eine schwere Hirnstammblutung, die in den meisten Fällen tödlich endet. Dank des schnellen Eingreifens seiner Frau überlebte er diese kritische Situation. Anfänglich rang Gerszi mit seinem neuen Dasein als Pflegefall und spielte sogar mit dem Gedanken, seinem Leben ein Ende zu setzen. “Anfänglich dachte ich an Selbstmord. Doch dann sagte ich zu mir selbst: Nein, das Leben ist zu schön, ich möchte noch weiterleben.”

Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
In einem Gespräch mit den VN erzählt Kurt Gerszi von seiner Hirnblutung. Seit diesem Ereignis kämpft er täglich mit Schmerzen, die er durch moderne Therapien und alternative Ansätze zu mildern versucht.

Die Entdeckung von CBD

Ein Wendepunkt in Gerszis Genesungsprozess war die Entdeckung von Cannabisprodukten zur Schmerzlinderung. Nachdem er 2017 durch eine Fernsehdokumentation auf CBD (Cannabidiol) aufmerksam geworden war, experimentierte er mit verschiedenen Produkten. Trotz anfänglicher Enttäuschungen fand er ein heimisches Produkt, welches ihm eine Schmerzlinderung brachte.

Schmerzpatient Kurt Gerszi über seine Erfahrungen mit Cannabis

Cannabidiol (CBD) wirkt nicht psychoaktiv und zählt nicht zu den Betäubungsmitteln, anders als THC*. CBD kommt aus der weiblichen Hanfpflanze und ist in Österreich legal. Experten erkennen eine breite Palette pharmakologischer Wirkungen an. Dazu gehören etwa angstlösende, antidepressive, entzündungshemmende, antibakterielle, antipsychotische und antiepileptische Effekte. Vor der Einnahme ist eine Rücksprache mit einem Experten, Arzt oder Apotheker ratsam.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

„Ich konnte mit einer geringen Menge CBD meine Schmerzen von Schmerzgrad fünf auf drei oder zwei senken“, erzählt Gerszi. Über diese Erfahrung sprach der 64-Jährige auch mit seinen behandelnden Ärzten, die einem Einsatz des Wirkstoffs positiv gegenüberstanden. Nachdem Gerszi anfangs die Kosten selbst getragen hatte, erhielt er schließlich die Genehmigung, sein CBD-Produkt auf Rezept zu beziehen.

Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
Der Montafoner ist ein begeisterter Lottospieler. Seit seiner Hirnblutung setzt er wöchentlich auf dieselben Zahlen. Neben diesem Hobby hat Gerszi auch verschiedene Ausbildungen absolviert, unter anderem zum Diplom-Mentaltrainer.

Zwischen sichtbaren und unsichtbaren Herausforderungen

„Dass ich körperlich behindert bin, ist unschwer zu erkennen. Die sichtbaren Beeinträchtigungen, also die Behinderungen physischer Natur, gehören zu meinen Unzulänglichkeiten, mit denen ich ganz gut umzugehen gelernt habe“, erzählt der Montafoner. Seine rechte Körperhälfte ist gefühllos und er ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Zudem wurden ihm im Februar 2021 zwei Hirnschrittmacher implantiert. „Die größeren Herausforderungen sind jedoch die unsichtbaren Beeinträchtigungen“, betont er.

Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
Gerszi verwendet ein Gerät, das einem iPhone gleicht, um seine Hirnschrittmacher zu bedienen. Zudem besteht eine Verbindung zu seinem Arzt in Innsbruck.

Gerszi kämpft seit der Hirnblutung mit ständigem Schwindel und einem Nystagmus* an beiden Augen, was sein tägliches Leben weiter erschwert. „Als wäre das alles nicht ohnehin schon genug, kommt noch hinzu, dass ich Rechtshänder war.“ Nach der Hirnblutung begann er mit der linken Hand zu schreiben, und auch sonst ist er im Alltag auf ständige Hilfe angewiesen. Den Großteil der notwendigen Unterstützung erhält er von seiner Frau.

Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
“Den allergrößten Anteil hat meine Frau, die mich bis auf vier Wochen Urlaub (vor mir) rund um die Uhr pflegt”, sagt Gerszi über seine Ehefrau, die sich seit seiner Hirnblutung um ihn kümmert.

Cannabis als Teil der Therapie

Gerszi ergänzt mittlerweile seine herkömmliche Therapie um Cannabisprodukte. Bevor er mit den CBD-Experimenten begann, hatte sein Neurologe ihm bereits Dronabinol verschrieben – einen synthetischen Wirkstoff, der THC enthält. „Ich war natürlich high von diesem Mittel“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Heute verzichtet er auf Dronabinol und verwendet ausschließlich CBD. Zusammen mit seinem regelmäßigen Training und seiner starken Entschlossenheit, unterstützt der Wirkstoff ihn dabei, sein persönliches Ziel zu erreichen: „Zu Hause zu bleiben und 83 Jahre alt zu werden.“

Kurt Gerszi Gespräch mit einem Schmerzpatienten im Rollstuhl der THC-Medikament erhält
Die Wirkung von CBD variiert von Person zu Person und hängt von der Dosis, der Konzentration des eingenommenen CBDs sowie der Konsumform ab.

Weitere Informationen

  • Nystagmus bezeichnet eine unwillkürliche, schnelle Bewegung der Augen hin und her, die außerhalb der Kontrolle des Betroffenen liegt.
  • THC (Tetrahydrocannabinol) zählt zu den etwa 113 Cannabinoiden, die in der Hanfpflanze vorkommen. Es ist hauptsächlich für seine psychoaktive Wirkung bekannt. THC wird unter Namen wie Marihuana, Gras oder Haschisch als Rauschmittel klassifiziert. In Österreich ist der Freizeitkonsum von THC illegal, doch existieren verschreibungspflichtige Medikamente, die diesen Wirkstoff enthalten.