Wie die Berge zu ihren Namen kamen

HE_Blude / 26.05.2021 • 14:49 Uhr
Gemeindearchivar Thomas Gamon erzählt am Sonntag in der Villa Falkenhorst etwas über die Entstehung der Bergnamen.VN/JUN
Gemeindearchivar Thomas Gamon erzählt am Sonntag in der Villa Falkenhorst etwas über die Entstehung der Bergnamen.VN/JUN

150 Jahre Alpenverein Vorarlberg: Drei Autoren geben Impulse zu ihren Fachbeiträgen in der Villa Falkenhorst.

Thüringerberg 150 Jahre alt ist der Alpenverein Vorarlberg mittlerweile. Anlässlich dazu ist ein neuer Band in den Bludenzer Geschichtsblättern erschienen. Das Buch mit dem Titel „150 Jahre Alpenverein Vorarlberg – Beiträge zur Alpinismusgeschichte“ stellen am Sonntag, 30. Mai, um 17 Uhr in der Villa Falkenhorst drei Autoren vor, die jeweils einen Impuls zu ihrem Fachbeitrag geben.

Unwissenheit bringt neue Namen

Einer der beteiligten Autoren ist Thomas Gamon, Gemeindearchivar von Nenzing. Er schreibt in dem Band darüber, wie die Berge endlich zu ihren Namen kamen und warum manche so heißen, wie sie eben heißen. Hier in Vorarlberg gibt es einige rätoromanische Bergnamen wie den Piz Buin, der mit 3312 Metern höchste Berg des Bundeslandes. Piz Buin heißt übersetzt Ochsenkopf, passend zum Ochsentaler Gletscher und dem Ochsental. „Nur Piz Buin klingt schöner“, sagt Gamon grinsend. Da es in der Nähe des Piz Buins einen weiteren Ochsenkopf gibt, vermutet er, dass der Namensgeber des Ochsenkopfes nicht wusste, was Piz Buin übersetzt bedeutet.

Der Name Zimba zum Beispiel kommt aus dem Ladinischen und heißt nichts anderes als Spitze. Und auch die Mondspitze hat nichts mit dem Mond zu tun. Dem Kartografen, so Gamons Vermutung, war das lateinische Wort „Mont“ (Berg) nicht bekannt und änderte das „t“ einfach in ein „d“ um, denn ein „Mond“ kannte er. Der angrenzende Schillerkopf wurde dagegen wirklich nach dem bekannten Dichter Friedrich Schiller benannt, da das Profil der Felswand Schillers Kopf zeigen würde.

Die Tschaggunser Mittagsspitze verdankt ihren Namen den Dorfbewohnern, die sich damals am Sonnenstand des Gipfels orientiert haben. War die Sonne genau hinterm Gipfel, war es 12 Uhr mittags. „Das war ein wichtiger Orientierungspunkt für die Tschaggunser“, sagt Gamon. Früher gaben die Menschen nur den Bergen Namen, wenn diese für sie relevant waren.

Was Thomas Gamon bei seinen Wanderungen ebenfalls aufgefallen ist, sind die zahlreichen Gipfelkreuze auf den Bergen. „Vorarlberg hat alpenweit die meisten Gipfelkreuze. Hochgerach zum Beispiel hat gleich zwei beieinander, eins in Richtung Walgau, eins mit Blick ins Laternsertal.“ Thomas Gamon ist in seinen 63 Jahren viel herumgekommen und hat schon viele Gipfel im Ländle bestiegen. In seinen jungen Jahren hat er zusammen mit zehn Kumpanen sogar schon ein eigenes, kleines Gipfelkreuz auf die Hornspitze gehievt. In Einzelteilen brachten sie das Gipfelkreuz auf den Berg. „Sieben Mal mussten wir raufgehen“, erzählt Gamon, der gelernter Sonderschullehrer ist. „Das war ein riesiger Aufwand.“ Denn das Kreuz muss ja auch noch in Zement gegossen werden, was kein leichtes Unterfangen war, fehlte es ihnen oben doch vor allem an Wasser. Mittlerweile hätte Vorarlberg mehr als genug Gipfelkreuze: „Das ist mittlerweile wie auf einem Friedhof oben.“

Drei Länder treffen sich am Gipfel

Sein Lieblingsort ist der Nenzinger Himmel. Von dort kann man zum Beispiel auf die Schesaplana oder auf den Naafkopf, ein Drei-Staaten-Berg, steigen. Auf dem Naafkopf treffen sich nämlich die Ländergrenzen von Liechtenstein, der Schweiz und Österreich und in jedem Land steht eine eigene Bank. Gamon könnte ein ganzes Buch zu den Vorarlberger Gipfeln und ihre Namensentstehung schreiben. Doch in dem Band des Geschichtsvereins Region Bludenz, das zusammen mit dem Alpenverein Vorarlberg, den Montafoner Museen und der Villa Falkenhorst entstanden ist, kommen noch mehrere Autoren zu Wort, unter anderem Simone Drechsel aus Bregenz und Edith Hessenberger aus Tirol.

Die Kulturwissenschaftlerin Edith Hessenberger setzt sich in ihrem Beitrag mit der Frage nach den Spuren der Frauen in der Vorarlberger Alpinismusgeschichte auseinander: Waren tatsächlich einfach weniger Frauen von Beginn an in den Bergen unterwegs, oder blieben diese einfach unsichtbar – und wenn ja, warum? Anhand mehrerer Frauenbiografien zeigt Hessenberger die Rahmenbedingungen für Bergsteigerinnen auf, die bis vor Kurzem zu keiner Zeit einfach waren. Umso beeindruckender sind die Leistungen und Biografien von Frauen wie Eva Baudissin, Katharina Mattle, Katharina Tschofen, Creszentia von Ficker, Berta Lorenz oder Hermine Flaig.

Mit Korsett auf den Berg

Simone Drechsel beschäftigt sich hingegen mit den Ausrüstungsgegenständen und der Bekleidung am Berg. Die moderne Bergbekleidung hat mittlerweile den Alltag erobert. Zu Beginn des Alpinismus war es noch genau umgekehrt – da wurden die Bergtouren in der Alltagskleidung in Angriff genommen. Der Mann trug Anzug, Krawatte und Hut, die Frau ein Korsett, Rock, Schnürstiefel und einen großen Hut. „Die Bekleidung war nicht nur gänzlich untauglich, sondern auch gefährlich“, so Drechsel. Doch es galt, standesgemäß gekleidet zu sein. Erst nach dem Ersten Weltkrieg passte sich die Bekleidung mehr der Situation im Gebirge an und sie wurde „lockerer“. Einer der ältesten Ausrüstungsgegenstände ist der Alpstock. Ursprünglich eine hölzerne Stange, später mit einer Eisenspitze versehen, verwendeten sie Hirten und Jäger schon vor Jahrhunderten. Im 19. Jahrhundert entdeckten dann auch die Alpinisten seine Vorteile. „Wo der Alpstock nicht mehr ausreichte, musste die Axt her und so entwickelte sich der Pickel, der neben dem Seil wie kein anderes Symbol für den Bergsteiger steht“, erzählt Drechsel. VN-JUN