Kultur aus der Nachbarschaft

HE_Blude / 14.09.2022 • 14:26 Uhr
Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko
Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko

„Zwischenzeit“: Ein literarisch-musikalisches Intermezzo auf der Ruine Blumenegg

Thüringerberg/Großes Walsertal In den Jahren zwischen dem biennalen Walserherbst lädt das Festivalteam zu einer dreitägigen „Zwischenzeit“. 2022 besteht ihr Programm aus literarischen und

musikalischen Erkundungen in unsere europäische Nachbarschaft: von der Schweiz über Wien nach Süd- und Osteuropa bis in den Schwarzmeerraum. Regionaltypische Kulinarik inklusive.

Die Gastfreundschaft ist für die Kuratoren Dietmar Nigsch und Eugen Fulterer wesentlich für die „Zwischenzeit“. Um beim gemeinsamen Essen und Kochen ein Stückchen näher zusammenzurücken, installieren die beiden in der Ruine Blumenegg eine Feldküche. Sie begleitet das Programm kulinarisch und kredenzt einfache Speisen aus der jeweiligen Region der Künstlerinnen und Künstler. Nach einem Aperitif am Eröffnungstag, liest der Autor Urs Mannhart aus seinen zwei neuesten Werken. In der Gesellschaftssatire „Gschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen“ nimmt er die Wohlstandsverliebtheit seiner Schweizer Heimat auf die Schippe. Im Essay „Lentille. Aus dem Leben einer Kuh“ zeichnet er eindrucksvoll ein Persönlichkeitsbild des Nutztiers. Am selben Abend gibt das ebenso aus der Schweiz stammende „Bluescht Duo“ ein Konzert, das vom archaischen Naturjodel bis hin zu groovigem Folk reicht.

Das Essen und Altern

Am Tag zwei der Zwischenzeit geht es ums Essen, ums Altern – und dass daran nichts vorbeiführt. Zwei Wirte außer Dienst – Eugen Fulterer und Stefan Scharlmüller – treten ein temporäres Comeback an, arbeiten wieder einmal am Vorankommen der guten Gastlichkeit und begleiten das Literaturprogramm kulinarisch. Die Lesung „Übers Essen wollen wir reden“ wärmt humorvoll kulinarische Gedichte und Geschichten auf. Im Anschluss geht es bei „Übers Alter wollen wir reden“ um die lästigen Begleiterscheinungen desselben, die Lida Winiewicz-Lefèvre (1928–2020) augenzwinkernd in Gedichtform erörterte. Es lesen Maria Fliri, Helga Pedross und Dietmar Nigsch. Heidelinde Gratzls Akkordeon sorgt für die musikalische Begleitung – und gemeinsam mit Melissa Colemans Cello für abendliche Konzertlaune. In mitunter abgefahrenem Tempo kredenzen die beiden als „Tagada“ ein Karussell aus Klassik, Tango und Jazz.

Erklärung für alles

Wer auf der Suche nach der „Erklärung für alles“ ist, sollte der „Zwischenzeit“ am Sonntag einen Besuch abstatten. In der Literaturmatinee mit Musik lesen Maria Fliri, Helga Pedross und Michael Heinzel aus dem gleichnamigen Band. Er stellt 45 Artists in Residence vor, die das Außenministerium nach Österreich eingeladen hat. Ihre Texte vermitteln unverblümte Sichtweisen auf ihre Herkunftsländer, auf Österreich und jenes Europa, das als Versprechen hinter realen und imaginären Grenzen wartet. Um die Suche nach Zugehörigkeit und eine sowjetische Entwurzelung geht es bei der Lesung der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljartschuk. Im Mittelpunkt ihres Romans „Blauwal der Erinnerung“ steht ein ukrainischer Volksheld des frühen 20. Jahrhunderts. Ihr folgt der Barde Evgenij Baev mit russischen Autorenliedern von 1950 bis heute, gespielt auf der siebensaitigen Gitarre. Die Lieder sind Ausdruck tiefster Emotionen und zugleich Ventil für Widerstand und Freiheitswillen in der Sowjetzeit und im Russland danach.

In der mobilen Garküche werken an diesem Tag Irina Vasileva und Ludmilla Popitchenko. Sie leben seit dem Frühjahr in Fontanella und verwöhnen die Besucherinnen und Besucher mit Gerichten ihrer ukrainischen Heimat.

Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko
Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko
Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko
Helga Pedross (Foto) liest mit Michael Heinzel und Maria Fliri.Emma Danko
Eugen Fulterer (Foto) und Stefan Scharlmüller sorgen für Gastlichkeit.nadine jochum
Eugen Fulterer (Foto) und Stefan Scharlmüller sorgen für Gastlichkeit.nadine jochum
Auf der Ruine Blumenegg lädt das Festivalteam des Walserherbst zur „Zwischenzeit“.Hanno Mackowit
Auf der Ruine Blumenegg lädt das Festivalteam des Walserherbst zur „Zwischenzeit“.Hanno Mackowit

Programm

Walserherbst: Zwischenzeit

Heute, Freitag, bis Sonntag,
18. September

Kulturraum der Ruine Blumenegg

Thüringerberg, Großes Walsertal

FREITAG, 16. SEPTEMBER

16 Uhr Aperitif
bei der „Mobilen Gastfreundschaft“

17 Uhr Urs Mannhart

Autorenlesung, Gespräch: Gschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen / Lentille. Aus dem Leben einer Kuh

20 Uhr Bluescht Duo

Konzert Naturjodel, Kontrabass, Tuba, Alphorn

SAMSTAG, 17. SEPTEMBER

13 Uhr Übers Essen wollen wir reden

Lesung, Musik, Essen: Kulinarische Gedichte und Geschichten

17 Uhr Übers Alter wollen wir reden

Lesung, Musik, Gebäck

19 Uhr Tagada Konzert: eine musikalische Weltreise zwischen Klassik, Improvisation, Tango und Jazz

SONNTAG, 18. SEPTEMBER

13 Uhr Erklärung für alles

Literaturmatinee mit Musik

17 Uhr Tanja Maljartschuk

Autorinnenlesung, Gespräch „Blauwal der Erinnerung”

19 Uhr Evgenij Baev

Gitarre, Gesang, Gespräch: Die Tonbandrevolution. Russische Autorenlieder von 1950 bis heute

Weitere Infos unter walserherbst.at