Ein gutes Leben in den Alpen

HE_Blude / 05.04.2023 • 14:26 Uhr
Das Große Walsertal legte schon sehr früh Wert auf eine Entwicklung als nachhaltige Tourismusregion.BI
Das Große Walsertal legte schon sehr früh Wert auf eine Entwicklung als nachhaltige Tourismusregion.BI

Die Initiative Bergsteigerdörfer setzte schon früh auf nachhaltigen Tourismus.

Sonntag Die in der Initiative Bergsteigerdörfer vereinten Ortschaften sind Alpinismuspioniere in ihren Regionen. Deshalb haben die Berge und das Bergsteigen im kulturellen Selbstverständnis der Einheimischen und Gäste einen hohen Wert. Hier ist das Bewusstsein über den notwendigen Einklang zwischen Natur und Mensch noch lebendig und man respektiert natürliche Grenzen. Die Bergsteigerdörfer des Alpenvereins entsprechen damit in besonderer Weise den Zielen der Alpenkonvention, die eine nachhaltige Entwicklung im gesamten Alpenraum anstrebt.

Die Philosophie eines UNESCO Biosphärenparks geht Hand in Hand mit der Philosophie eines Bergsteigerdorfes einher. Seit mittlerweile 15 Jahren sind alle Gemeinden im Großen Walsertal Mitglied im Netzwerk der Bergsteigerdörfer. Dass die Wahl des Alpenvereins unter mehreren Bewerbern auf das Große Walsertal fiel, ist zudem eine Bestätigung für den vor mehr als 22 Jahren eingeschlagenen Weg als UNESCO Biosphärenpark. Die Biosphärenparkregion Großes Walsertal stellt sich in der täglichen Arbeit den Herausforderungen, die die Themen- und Handlungsbereiche von Bergsteigerdörfern mit sich bringen: für ein gutes Leben in den Alpen.

Strenge Kriterien für Zertifizierung

„Die Bergsteigerdörfer sind eine Initiative des Alpenvereins, die vor zwölf Jahren erstmals umgesetzt wurden. Mittlerweile gibt es 29 Bergsteigerdörfer, dies nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, Südtirol und Slowenien. Die Grundidee wurde durch Peter Haslacher von der Abteilung Raumplanung entwickelt. Die Bergsteigerdörfer sollten einen Gegenpol zur Übererschließung der Alpen durch extensiven Tourismus bieten. Von Beginn an stand ein nachhaltiger, sanfter Tourismus im Fokus. Damals war der Begriff Nachhaltigkeit noch neu, aktuell ist er ja mehr oder weniger ein Werbeslogan in vielen Bereichen“, erklärt Rainer Schlattinger, Geschäftsführer des Alpenvereins Vorarlberg. Es ist ein sehr umfassendes Konzept, das hinter der Idee der Bergsteigerdörfer steht. Die beteiligten Gemeinden und Regionen werden anhand strenger Kriterien zertifiziert. „Diese erstrecken sich nicht nur auf den Tourismus, sondern auch auf die Landwirtschaft und in weiterer Folge auch auf die Forstwirtschaft“, führt Rainer Schlattinger weiter aus.

Authentizität und Nachhaltigkeit

Zu den Auflagen zählt neben dem Einhalt von weiteren mechanischen Aufstiegshilfen in die Bergwelt auch ein Mobilitätskonzept; die Anreise der Gäste mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird gefördert. „Die Marke Bergsteigerdörfer ist mittlerweile gut gebrandet, da sie für Authentizität und Nachhaltigkeit steht. Die ausgewählten Dörfer und Regionen befinden sich vorwiegend in strukturschwachen Gegenden, der Abwanderung soll mit diesem Projekt Einhalt geboten werden. Trotzdem werden damit nicht alle Probleme gelöst“, sieht der Alpenvereins-Geschäftsführer die Situation auch kritisch. Es gelte zudem, raumbildnerische Aspekte zu berücksichtigen. Auch im Sportangebot wird Wert auf Qualität gelegt, indem geführte Skitouren, Wanderungen und Schneeschuhlaufen angeboten werden.

Breite Akzeptanz im Tal

Monika Bischof, Projektassistentin des Biosphärenparkmanagements in Sonntag, ist eine der Initiatorinnen und war von der ersten Stunde an dabei: „Das erste Mal kam ich im Sommer 2008 in Ginzling im Zillertal mit dieser Idee in Kontakt, dort unterschrieb ich auch die Deklaration. Das Große Walsertal war eine von 16 Regionen beziehungsweise Dörfern, die vom Österreichischen Alpenverein ausgewählt wurden. Ich war damals für den Tourismus in unserer Region zuständig. Mich hat das Projekt sofort angesprochen, da mich ökologisch-ökonomische Aspekte in der Gestaltung eines touristischen Entwicklungskonzepts immer schon interessiert haben.“ Die Umsetzung der vorgegebenen Auflagen brauchte Zeit, da sämtliche Partner miteingebunden werden mussten. „Es erforderte von allen Beteiligten eine tiefgehende Beschäftigung mit der Thematik. Uns war wichtig, dass die Grundidee von allen mitgetragen wurde. Die Umsetzung sollte nicht durch Verbote, sondern durch eine breite Akzeptanz erfolgen. Wir sind nur dann authentisch, wenn wir dieses Bewusstsein einer ökologischen Nachhaltigkeit auch leben.“

Zukunftsträchtige Initiative

Die Bewohner des Großen Walsertals stehen hinter dieser Idee. „Gerade die Corona-Krise hat einmal mehr aufgezeigt, wie wichtig eine regionale Versorgung mit Lebensmitteln ist. Kleine Strukturen bieten mehr Sicherheit und sind zukunftsträchtig“, so Monika Bischof. Die Bergsteigerdörfer sind aber auch ein aktives Umsetzungsbeispiel der Alpenkonventions-Protokolle, die 2016 in einem „Memorandum of Understanding“ besiegelt wurden. BI

INFORMATIONEN

GEMEINDEN Thüringerberg, St. Gerold, Blons, Sonntag-Buchboden, Raggal-Marul, Fontanella-Faschina

GEBIRGSGRUPPEN Lechquellengebirge, Lechtaler Alpen, Walserkamm, Bregenzerwald

WICHTIGE GIPFEL Rote Wand (2704 m), Gamsfreiheit (2211 m), Breithorn (2081 m), Westl. Johanniskopf (2573 m), Misthaufen (2436 m), Glatthorn (2133 m), Zitterklapfen (2403 m), Bratschenkopf (2520 m)

Schutzhütten Freiburger Hütte (1931 m), Biberacher Hütte (1846 m), Göppinger Hütte (2245 m), Frassenhütte (1740 m), Franz Josef Hütte (1704 m)

Bergsteigerdorf Partnerbetriebe Hotel*** Gasthof Kreuz Buchboden, Alpengasthof Bad Rothenbrunnen Buchboden, Gasthof Krone Sonntag, Haus Häsicha Marul, Haus Küng Raggal, Café Pension zum Jäger Buchboden, Haus Bergblick Sonntag, Haus Bischof Sonntag