Die Temposchmiede im Harder Erlach

Pedrazza Racing Cars PRC sorgt für die einzigen Rennwagen aus österreichischer Produktion.
Hard Den Harder Ortsteil Erlach bringt man kaum mit rasanten, siegreichen Rennautos in Verbindung. Und doch findet sich hier eine in Europa bekannte Temposchmiede, in der seit vielen Jahren gefragte Rennwagen entstehen, die Pedrazza Racing Cars PRC.
Vor 50 Jahren
Heuer kann ein Jubiläum gefeiert werden: 1971, also vor 50 Jahren, hatte der Harder Walter Pedrazza seine Premiere im Motorsport. Aus diesem Anfang mit Slalomfahrten und ersten Bergrennen auf NSU oder Mini Cooper entwickelte sich im Lauf der Jahrzehnte die einzige Rennautoproduktion Österreichs. Eine stolze Zahl rasanter Boliden wurden seither am Steußbergweg im Harder Ortsteil Erlach geschaffen.
Die meisten sind nach wie vor auf Rennstrecken zu bewundern, weil in Hard Tempo auf solider Basis montiert wird.
Einzigartig in Österreich
Aus seiner Liebe zum Motorsport hat Walter Pedrazza (71) eine in Österreich einzigartige Firma aufgebaut. Zuerst aber bewies der begeisterte Autosportler seine Qualität mit etlichen Siegen bei Bergrennen, mit Meistertiteln in Österreich und Deutschland sowie dem Europa-Vizemeister. Dafür wurden flotte Pkw so modifiziert, dass die Konkurrenz öfters den Auspuff sah. 2010 übernahm Sohn Emanuel (50) den Betrieb. Um 1980 nahm sich Walter Pedrazza dann vermehrt Sportwagen vor und verbesserte sie für den Einsatz auf Bergrennen. Die Qualität der Umbauten und die Spitzenplätze bei vielen Rennen blieben nicht unbemerkt – es stellten sich zahlungskräftige Interessenten ein. Und 1997 gab es dann das erste „Pedrazza Racing Car“, den PCR SC97. Motor und Getriebe sowie etliche andere Komponenten wurden und werden jeweils zugekauft, Chassis und Karosserie sowie viele der ausgeklügelten Pedrazza-Spezialitäten sind hausgemacht.
Robust und besonders schnell
„Meinem Vater wurde oft vorgeworfen, er baue Panzer“, lacht Emanuel. Was von Pedrazza kommt, ist aber stets robust und sehr oft trotz des etwas höheren Gewichts schneller als Sportautos aus erheblich größeren Wagenschmieden, besonders aus Frankreich. Waren beim SC97 Teile des Innenlebens wie etwa die hintere Radaufhängung zugekauft, entstand 2003/04 das erste vollständig in Hard gestaltete und gebaute Rennauto. „Das wurde noch am Reißbrett entworfen. Ab 2008 stiegen wir dann auf CAD-Planung am Computer um“, berichtet Emanuel Pedrazza.
Bei der Motorisierung setzte man bei PRC auf sportliche BMW-Kraftpakete, leichtere Wagen sind mit Hondamotoren ausgestattet. Stolz ist Emanuel Pedrazza auf das gute Verhältnis zum Schweizer Rennmotoren-Guru Heini Mader. Der hatte einst mit den Formel-1-Fahrern Jochen Rindt zusammengearbeitet, 1986 gewann Gerhard Berger mit einem Boliden samt Mader-Motor den Großen Preis von Mexiko. Pedrazza: „Der Heini Mader ist heute 85 und noch immer aktiv. Er hat mich bei einem Rennen beobachtet, wo ich zuerst an meinem Wagen geschraubt und dann das Rennen gewonnen habe. Das hat ihn beeindruckt und ich erhielt einen seiner Motoren. Kaufen hätte ich den nie können.“
Mit dem so aufgerüsteten Rennwagen gewann der Harder dann alles, was er gefahren hat.
Baustopp seit Corona
Aktuell entstehen in der Harder Temposchmiede allerdings keine neuen Rennautos. „Seit Corona hat sich die Situation gewandelt. Es werden kaum Rennen gefahren, Liebhaber drehen dennoch ihre Runden.“ Emanuel Pedrazza arbeitet inzwischen allein in der Temposchmiede, Vater Walter hilft immer gerne mit. „Es gibt Reparaturen, es muss Service gemacht werden. Das ist nicht weniger lukrativ als das Autobauen. Das wäre allein auch gar nicht möglich.“ Gerade erst hat Emanuel Pedrazza mit Felix Haas in Hockenheim auf dem PRC SC97 in einem Rennen für klassische Racing Cars den 2. Platz erobert.
Die 310 km/h Höchstgeschwindigkeit, die ein Rennauto aus Hard in Monza auf die Gerade bringt, sind nicht entscheidend, erklärt Emanuel Pedrazza. „Viel wichtiger ist das Kurventempo. Und dafür muss der Wagen stabil sein.“
Und die Umwelt?
Natürlich benötigt ein Rennauto Treibstoff, bei 400 PS Leistung und Vollgas etwa ein Liter Superbenzin auf fünf Kilometer. „Wir arbeiten aber auch stets daran, die Motoren zu optimieren“, so der Firmenchef. Die Erfahrungen aus dem Rennsport kommen auch den Pkw vom Fließband zugute.
Wie es nach dem Ende der Corona-Beschränkungen weitergeht, weiß Emanuel Pedrazza noch nicht genau. Mitarbeiter möchte er wohl keine mehr anstellen und erledigt Reparaturen oder Service für Kunden weitgehend allein. „Aber ein besonderes Bergauto möchte ich vielleicht doch noch bauen. Der Traum ist vorhanden.“
Ach ja: Großvater Walter Pedrazza ist sehr stolz auf Enkel Kiano Blum, gerade 14 geworden, der sich als Kart-Pilot laufend Spitzenplätze holt. AJK
