Die Fassade sorgte einst für einen Skandal

HE_Brege / 22.11.2023 • 16:01 Uhr
Das historische Juwel der Bregenzer Innenstadt: Die sorgfältig restaurierte Fassade des Gebäudes in der Rathausstraße 7, ein Meisterwerk späthistorischer Architektur. Wikimedia
Das historische Juwel der Bregenzer Innenstadt: Die sorgfältig restaurierte Fassade des Gebäudes in der Rathausstraße 7, ein Meisterwerk späthistorischer Architektur. Wikimedia

Wenn man durch die Landeshauptstadt spaziert, sticht ein Gebäude in der Rathausstraße besonders ins Auge.

Bregenz Das Wohn- und Geschäftshaus in der Rathausstraße 7, das die Innenstadt von Bregenz seit 1892 prägt, fällt durch seine späthistorische Fassade mit Sgraffito-Ritzmalereien und Vergoldung auf. Die Sgraffito-Technik, eine spezielle Methode zur Dekoration von Wänden durch Kratzen in verschiedenfarbige Schichten, verleiht dem Gebäude eine einzigartige Optik.

Prächtige Fassadenmalerei

Das dreigeschossige Gebäude mit Satteldach und drei reich gestalteten Dachhäuschen hat im Laufe der Zeit eine beeindruckende Wandlung durchgemacht. Obwohl das Gebäude seine heutige Gestalt im Jahr 1892 erhielt, lässt sich vermuten, dass der Kern des Gebäudes wesentlich älter ist.

Die prächtige Fassadenmalerei zeigt, dass dieses Gebäude schon immer ein Blickfang war, sorgte jedoch für einen regelrechten Skandal in Bregenz. Stadtarchivar Thomas Klagian schildert in seinem Buch „Die goldene Schale“ den Vorfall: Der Dekorationsmaler Peter Steurer, ein gelernter Maler und Tapezierer, führte von 1889 bis zu seinem Tod 1914 ein eigenes Geschäft in der Kornmarktstraße. Steurer, der sich selbst eher als Künstler denn als bloßen Anstreicher sah, bot eine breite Palette von Dienstleistungen an – von Dekorationsarbeiten für Kirchen und Kapellen über Sgraffito, Fresken, Fassaden, Schilder, Maserierungen bis hin zu Aufstreicher-Arbeiten, und das alles schnell und preiswert.

Ein Maler für jede Lebenslage, ein wahrer Farben-Tausendsassa. Trotzdem begegnet man seiner Arbeit nicht überall, was bei näherer Betrachtung auch nicht verwunderlich ist. Steurer wurde vor allem für private Auftraggeber tätig, und nirgendwo ist vermerkt, wer ein bestimmtes Haus gestrichen hat. Umso verständlicher ist es, dass Peter Steurer empört reagierte, als sein für alle sichtbares Werk, die Fassadenmalerei am Haus des Juweliers Engelbert Köb in der Rathausstraße, in einem Artikel der Vorarlberger Landeszeitung 1892 fälschlicherweise einem anderen Maler zugeschrieben wurde.

Herausforderung bei Restaurierung

Die Herausforderung bei der Restaurierung solch historischer Gebäude liegt stets darin, die richtige Balance zwischen Modernisierung und dem respektvollen Erhalt der Bausubstanz zu finden, insbesondere wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht.

In diesem Fall wurde diese Aufgabe vom Dornbirner Architekten Bernd Spiegel übernommen, der behutsam neues Leben in das alte Gemäuer einhauchte. „Die Experten von Rhomberg Bau haben sich mit Begeisterung dieser Herausforderung angenommen“, erinnert sich Bauleiterin Sara Renner. Seit Beginn des Jahres 2022 wurde die Substanz des Gebäudes schonend bearbeitet und der Innenraum komplett auf seine tragende Struktur zurückgebaut. In den ersten vier Monaten wurden etwa 80 Tonnen Material aus dem Gebäude entfernt, darunter auch alte Pfeiler, die im Sinne einer denkmalgerechten Sanierung durch Stahlträger ersetzt wurden.

Die Restaurierung der Fassade erforderte besondere Sorgfalt, um den originalgetreuen Charakter der Sgraffito-Malerei zu bewahren. Die Arbeiten an der Fassade wurden Ende März 2023 abgeschlossen. „Jetzt, da die Gerüste entfernt sind, ist es eine Freude, das Gebäude in seinem alten Glanz zu sehen“, erklärte Sara Renner sichtlich stolz. MEC

Haus Rathausstraße 7 um 1925: Juwelier Köb, um ca. 1925 (Repro einer Postkarte).
Haus Rathausstraße 7 um 1925: Juwelier Köb, um ca. 1925 (Repro einer Postkarte).
Rathausstraße-Neptunbrunnen um 1875.Stadtarchiv Begenz (2)
Rathausstraße-Neptunbrunnen um 1875.Stadtarchiv Begenz (2)
Die prächtige Fassadenmalerei zeigt, dass dieses Gebäude schon immer ein Blickfang war.
              
              Rhomberg Bau