“Von Trauer zur Lebensfreude: Wie Ulrike Steinwidder die Tugend der Freude stärkt”

Heimat / 25.01.2024 • 10:13 Uhr
Ulrike Steinwidder erlebte 2010 schweren Schicksalsschlag mit dem Tod des Sohns Christian. <span class="copyright">VN-HE</span>
Ulrike Steinwidder erlebte 2010 schweren Schicksalsschlag mit dem Tod des Sohns Christian. VN-HE

Ulrike Steinwidder aus Brederis erlebte schweren Verlust und fasste wieder Lebensmut.

RANKWEIL Wenn ein Kind stirbt, bleibt für die Hinterbliebenen die Welt stehen und man nimmt das Außen nur noch wie durch ein Schlüsselloch wahr. Nach einer Zeit der Trauer gilt es das Leben neu zu gestalten. Ulrike Steinwidder erlebte dieses schwere Schicksal, schaffte es wieder in den Alltag zurückzukehren und neue Lebensfreude zu finden.

Der Tod hat mehrere Facetten. Ulrike durfte ihren älteren schwer kranken Vater in den Tod begleiten und da ist der Tod ein Segen. Wenn hingegen ein gesunder, junger Mensch von einer Sekunde auf die andere aus dem Leben gerissen wird, ist dieses Ereignis für die Hinterbliebenen wie ein Überfall, wo man zu Beginn nicht weiß wie man das Überleben soll. Dennoch müssen Betroffene diese schwere Prüfung meistern. “Es gibt nur zwei Möglichkeiten, resignieren oder wieder aufstehen”, rät Ulrike aus Erfahrung, nicht zu sehr mit dem Schicksal zu hadern.

Das Schicksal ist bei Ulrike der tödliche Unfall ihres Sohnes Christian, der im Dezember 2010 gemeinsam mit einem Freund tödlich an einem Bahnübergang verunglückte. Zeitgleich hat die Familie erfahren, dass die Lebensgefährtin von Christian ein Kind erwartet. Sein Sohn wurde im darauffolgenden Sommer geboren.

Ulrike, die eine Lehre als Einzelhandelskauffrau absolvierte, befasste sich schon vor dem Tod ihres Sohnes viel mit der Existenz, dem Sinn des Lebens und dem Leben nach dem Tod. Zugleich bewegte sie nach dem Erwachsensein ihrer Kinder auch die Frage, was sie im Leben noch erreichen könne. So entschloss sie sich 2006 zur Ausbildung als Lebens- & Sozialberaterin. Kurz vor Abschluss ereignete sich 2010 der tragische Unfall des Sohns. Bei der Bewältigung des schweren Schicksalsschlags halfen Ulrike sowohl die Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin als auch Gespräche mit den Eltern des mit verunglückten Freundes, die sehr wertvoll waren. “Uferloses sich Fallenlassen hilft weder einem selbst noch dem Verstorbenen”, erklärt Ulrike, die sich ihrer Aufgaben als Mutter ihrer anderen Kinder bewusst war und bald wieder neue Aufgaben suchte.

Kurz dachte die dreifache Mutter an eine Aktivität als Trauerbegleitung, stellte aber fest, dass ihr eigener Schmerz dafür noch zu tief saß, und wagte stattdessen mit einer neuen Aufgabe als Kleinkindbetreuerin den Schritt zurück ins Berufsleben. “Mit der Kleinkind-Betreuung wurde mir ein Kindheitswunsch erfüllt, ich wollte immer mit Kindern arbeiten.”

Auf spiritueller Suche lernte Ulrike die Bahai Religion kennen. “Wenn ein Gärtner einen Rosenbusch von einem zu eng gewordenen Platz in ein weites Feld verpflanzt, kann dieser sich voll entfalten. So ist es auch mit der Seele, die sich dann in den geistigen Welten weiterentwickelt”, zitiert sie die Baháí-Schriften, in denen sie Zuspruch und Trost fand. “Wenn wir die Tugend der Freude stärken, wird unser Leben leichter”, empfiehlt die 60-jährige, welcher ihr Glaube nach dem Schicksalsschlag half, ins Leben zurückzufinden: “Verstorbene sind nicht verloren, sondern nur aus dieser Welt in eine andere gegangen” ist sie sich sicher, ihren verstorbenen Sohn einmal wiederzusehen.

"Freude und nicht Leid ist unser Daseinszweck“, ist Ulrike Steinwidder aus Brederis überzeugt.
"Freude und nicht Leid ist unser Daseinszweck“, ist Ulrike Steinwidder aus Brederis überzeugt.

Durch den Tod von Christian musste sich das System Familie neu ordnen. Jeder ging mit dem Schmerz anders um und für die Kinder war es nicht immer leicht zu sehen, wie die Eltern über den Verlust trauern. Am Anfang schmerzt jegliche Erinnerung, doch nach einer Zeit der tiefen Trauer kann man sie als etwas Schönes wahrnehmen. Jedes Jahr kommt die Familie am Todestag und am Geburtstag des Sohnes zusammen, nehmen Christian in die Mitte und erzählen aus seinem Leben.

“Die Haltung der Freude ist die Grundlage für ein glückliches und zufriedenes Leben. Sie hilft uns in schwierigen Zeiten, die Hoffnung zu bewahren. Freude und nicht Leid ist unser Daseinszweck”, ist Ulrike Steinwidder überzeugt.

ZUR PERSON

ULRIKE STEINWIDDER

GEBOREN 11.05.1963 in Dornbirn

FAMILIE Verheiratet, 3 Kinder

WOHNORT Rankweil-Brederis

BERUF Pensionistin

HOBBYS Lesen, Enkelkinder, Radfahren

MOTTO Dankbarkeit

LEBENSWEISHEIT „Die Existenz der Begrenztheit ist der Beweis für das Unbegrenzte.“