Orgeljubiläum im Wallfahrtsort

Tschaggunser Restaurationsprojekt sorgte vor 30 Jahren international für Aufsehen.
TSCHAGGUNS, FELDKIRCH Es war am 8. September des Jahres 1994 – Mariae Geburt, Patrozinium der Tschaggunser Pfarr- und Wallfahrtskirche. Damals wurde die Orgel von Meister Joseph Bergöntzle (1754 – 1819) nach langer Forschungs- und Restaurationsarbeit offiziell ihrer Bestimmung übergeben und gesegnet. “Das Restaurationsprojekt ist weit über die Landesgrenzen hinaus stark wahrgenommen worden und ein wirklich richtungsweisendes und spektakuläres Unterfangen gewesen”, erzählte der Organist des Domes zu St. Nikolaus in Feldkirch, Johannes Hämmerle, im Gespräch vergangenen Mittwoch in Tschagguns. Der gebürtige Dornbirner studierte an der Musikuniversität in Wien Orgel, Cembalo und Kirchenmusik. Er ging als Preisträger bei Wettbewerben hervor und unterrichtet an der Stella Vorarlberg, Privathochschule für Musik.

“Wie ich glaube, hat man gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der Tschaggunser Kirche eine Doppelempore konstruiert. Die “prächtige Orgel” sei “irgendwie auf die obere Empore hinaufverfrachtet worden, wo viel zu wenig Platz war und es viel zu wenig Höhe gab”, machte Johannes Hämmerle aufmerksam. Das große Hauptgehäuse sei zurechtgestutzt worden. Zudem seien die großen Pfeifen teilweise abgeschnitten worden; später seien diese in klanglich veränderter Form wieder zum Einsatz gekommen. “Die Pfeifen hatten keinen Platz mehr zum Klingen. Das Instrument wurde auch technisch umgebaut. Eigentlich wurde das Ganze völlig verstümmelt damals. So schien diese großartige Bergöntzle-Orgel aus dem Jahr 1816 praktisch verloren gegangen zu sein”, erklärte der Domorganist.
Viele originale Orgelpfeifen
Erst gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts seien einige Experten auf dieses Instrument aufmerksam geworden. Sie hätten gesehen, dass hier doch noch sehr viele der originalen Bergöntzle-Pfeifen vorhanden waren; diese seien “natürlich klanglich gar nicht recht zur Geltung gekommen, waren auch teilweise in schlechtem Zustand, aber man hat Hoffnung geschöpft, dass eine grundlegende Restaurierung dieses Klangbild der Bergöntzle-Orgel uns wieder zurückbringen könnte”, so Johannes Hämmerle. Und mit dieser Arbeit habe man den renommierten Schweizer Orgelbauer Ferdinand Stemmer beauftragt, “der in einer wirklich jahrelangen Forschungsarbeit und anschließenden Restaurationsarbeit uns dieses Instrument wieder ,zurückgeschenkt’ hat”.

Joseph Bergöntzle stammte aus der Nähe von Colmar, der drittgrößten Stadt im Elsass. Er hatte im Zuge der napoleonischen Kriege seine Heimat verlassen und flüchtete nach Vorarlberg; da baute er etliche Orgeln. “Die Kirchenorgel von Tschagguns wurde dann seine letzte und größte mit drei Manualen; sie ist ein sehr großes Instrument für den prächtigen Kirchenraum. Der Stil, den Joseph Bergöntzle aus dem Elsass mitgebracht hat – er war Schüler des berühmten Andreas Silbermann – ist ein typisch elsässischer Orgelbaustil, der dem sehr nahe steht, was auch im Zentrum Frankreichs gebaut wurde”, sagte Johannes Hämmerle. Die Orgeln, die in Paris zum Beispiel gebaut worden seien in der Barockzeit, klängen ganz ähnlich wie die Orgel von Tschagguns. “Wenn wir heute die Tschaggunser Orgel hören, dann haben wir ganz ähnliche Klänge wie beispielsweise in der Royal Chapel in Versailles. Das ist natürlich auch etwas Sensationelles, dass wir hier in Vorarlberg so ein typisch französisches Instrument haben, das die Pracht des französischen Hofs für uns hörbar macht”, meinte der Domorganist begeistert. SCO