Sicherheit für die Zukunft: So schützt sich der Walgau vor Hochwasser

Bis 2035 sollen in vier Bauphasen Schutzmaßnahmen entlang der Ill umgesetzt werden, um den Walgau langfristig zu sichern.
Frastanz Die Bilder der Hochwasser von 1999 und 2005 sind vielen Menschen im Walgau noch präsent: Die Ill trat über ihre Ufer, Straßen standen unter Wasser, Keller liefen voll, Unternehmen und Privathaushalte kämpften mit den Auswirkungen der Wassermassen. Teile der Walgaugemeinden waren tagelang überflutet. Diese Ereignisse machten schmerzhaft deutlich, wie dringend langfristige Maßnahmen zum Hochwasserschutz erforderlich sind.

Bei einer Infoveranstaltung in Frastanz informierte der Wasserverband Ill-Walgau über den aktuellen Stand der Hochwasserschutzmaßnahmen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, sich über geplante Bauphasen, ökologische Aspekte und die Finanzierung des Projekts zu informieren. Dabei wurde deutlich: Hochwasserschutz bedeutet weit mehr als nur bauliche Maßnahmen – er umfasst auch die langfristige Sicherung der ökologischen Funktion des Flusses und den Schutz der angrenzenden Gemeinden.


Lehren aus vergangenen Hochwasserereignissen
Der Walgau hat in der Vergangenheit mehrfach die zerstörerische Kraft von Hochwasser erleben müssen. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir Hochwasserschutz nur gemeindeübergreifend sinnvoll umsetzen können“, erklärte Wolfgang Errath, Geschäftsführer des Wasserverbands Ill-Walgau.

Nach der Jahrhundertflut von 2005 wurde der Hochwasserschutz für das gesamte Walgaugebiet neu bewertet. Ein wichtiger Schritt war die Erstellung detaillierter Gefahrenzonenpläne zwischen 2006 und 2013, um potenzielle Gefahrenbereiche besser einschätzen zu können.


2009 wurde der Wasserverband Ill-Walgau gegründet, um die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Gemeinden sowie Akteuren wie der ÖBB, der ASFINAG und Energieversorgern zu stärken. Die Planung für das Hochwasserschutzprojekt im Bereich zwischen den Flusskilometern 11,60 und 20,50 begann bereits 2008, wurde jedoch aufgrund umfangreicher Umweltverträglichkeitsprüfungen mehrfach überarbeitet.

Geplante Maßnahmen für mehr Sicherheit
Das Hochwasserschutzprojekt verfolgt mehrere Ziele: Zum einen soll der Schutz für Siedlungs- und Gewerbeflächen entlang der Ill verbessert werden, zum anderen soll der Fluss in seiner natürlichen Funktionsfähigkeit gestärkt werden. „Wir müssen nicht nur den unmittelbaren Hochwasserschutz gewährleisten, sondern auch sicherstellen, dass die Ill als Lebensraum für viele Arten erhalten bleibt“, so Errath.

Geplant sind unter anderem Hochwasserschutzdämme sowie Gerinneaufweitungen, insbesondere im Bereich Sonnenheim in Frastanz, um Engstellen zu entschärfen. Zudem wird die erosionsgefährdete Gerinnesohle stabilisiert, um langfristig das Abtragen von Sedimenten zu verhindern und die Flusslandschaft zu sichern. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Schaffung neuer Retentionsräume, die gezielt als Rückhalteräume für Starkregenereignisse angelegt werden. Dadurch kann mehr Wasser zurückgehalten und die Hochwassergefahr für unterliegende Gemeinden verringert werden.

„Besonders wichtig ist uns, dass die geplanten Maßnahmen keine negativen Auswirkungen auf die Unterliegergemeinden haben und gleichzeitig die Grundwasserverhältnisse stabil bleiben“, betonte Martin Netzer von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes Vorarlberg.

Ökologische Aspekte im Hochwasserschutz
Neben den baulichen Maßnahmen spielt auch der Naturschutz eine zentrale Rolle im Projekt. Oriol Molló Manonelles, stellvertretender Geschäftsführer des Wasserverbands, stellte die ökologischen Maßnahmen vor: „Wir schaffen gezielt neue Lebensräume für Amphibien und Reptilien, verbessern die natürliche Flussdynamik und setzen Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität um.“

Ein besonderer Fokus liegt auf der Renaturierung von Uferbereichen, um die ökologische Funktionsfähigkeit des Flusses zu verbessern. Zudem werden gezielt neue Lebensräume für Amphibien geschaffen und spezielle Schutzmaßnahmen für Reptilien umgesetzt. Ein weiteres zentrales Anliegen ist die gezielte Steuerung der Wasserabflüsse, um Eingriffe in bestehende Ökosysteme zu minimieren.

Besonders anschaulich wurde dies durch historische Karten dargestellt, die die Entwicklung des Flusslaufs von 1826 bis heute zeigen. Die fortschreitende Regulierung der Ill hat zwar die Hochwassergefahr verringert, aber auch ökologische Veränderungen mit sich gebracht.
Bauphasen und Finanzierung
Das Projekt soll in insgesamt vier Bauphasen zwischen 2027 und 2035 umgesetzt werden. In der ersten Bauphase stehen Hochwasserschutzmaßnahmen für Gewerbegebiete in Satteins sowie erste Rückhalteanlagen in Nenzing im Fokus. Ab 2030 folgen in der zweiten Phase Gerinneaufweitungen und der Hochwasserschutzdamm Sonnenheim. In der dritten Bauphase, die für 2032 vorgesehen ist, werden weitere Rückhalteanlagen errichtet und Dammstabilisierungen durchgeführt. Schließlich erfolgt ab 2035 in der vierten und letzten Bauphase der Abschluss der Flussbaustrecken sowie die Umsetzung ökologischer Maßnahmen.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 46 Millionen Euro. Die Finanzierung soll zu 40 Prozent durch den Bund, zu 40 Prozent durch das Land Vorarlberg und zu 20 Prozent durch den Wasserverband Ill-Walgau beziehungsweise durch die beteiligten Gemeinden finanziert werden.
Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger
Ein wichtiger Punkt der Veranstaltung war der direkte Austausch mit der Bevölkerung. Viele nutzten die Gelegenheit, um Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern. „Uns ist wichtig, dass die Bevölkerung über die geplanten Maßnahmen genau Bescheid weiß. Nur so können wir Akzeptanz schaffen und gemeinsam an einem nachhaltigen Hochwasserschutz arbeiten“, erklärte Bürgermeister Walter Gohm bei der Eröffnung der Veranstaltung.

Auch Martin Netzer unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Gemeinden: „Ein Hochwasserschutz dieser Größenordnung funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Wir sind froh über das große Interesse der Bevölkerung.“

die Maßnahmen im detail
Maßnahmen in Nenzing
1) Rückhaltebecken Nenzing und Durchlass A14
2) Entlastung Nasotbächle und Bardielbach
3) Gerinneaufweitung Mottner Au
4) Ufersanierung Galinamündung bis L 74
Maßnahmen in Schlins
1) Rückhaltebecken Schlins Eichwald
2) Umbau Mündung Giesenbach
Maßnahmen in Frastanz
1) Hochwasserschutzdamm Sonnenheim
2) Gerinneaufweitung Sonnenheim
3) Dammbegleitdrainage samt Pumpwerk
Maßnahmen in Satteins
1) Objektschutz ARA Walgau, Säge Mündle und Fischzucht Satteins

