Das vergessene E-Werk in Lorüns

Als eine der ersten Kommunen des Landes betrieb Bludenz ein eigenes Kraftwerk.
Bludenz Wasserkraft wurde schon seit jeher zum mechanischen Antrieb, z. B. von Mühlen, verwendet. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde sie auch in unserem Land für die Erzeugung von Strom genutzt, wobei es anfänglich einzelne Industriebetriebe waren, die den selbst erzeugten Strom für ihre Maschinen brauchten. In Bludenz waren das neben der Firma Getzner, Mutter & Cie. vor allem die Gebrüder Gunz, die ihre Mühle in St. Peter mit einer hauseigenen Turbine antrieben.

Die Stadt Bludenz war dann eine der ersten Kommunen des Landes, die Überlegungen zur Errichtung eines Elektrizitätswerks anstellte. Nach dem Entschluss, die Stadtbeleuchtung nicht mit Gas, sondern mit Strom zu realisieren, begann man 1899 mit Unterstützung der Firma Getzner mit dem Bau eines Kraftwerks am Eingang zum Montafon in Lorüns. Die Wasserentnahme aus der Ill erfolgte 200 Meter oberhalb der inneren Holzbrücke am Venserweg. In einem teils überdeckten Kanal wurde das Wasser zum Kraftwerk geleitet. Der Überlaufkanal führte von dort durch die Felder der Krummäcker zurück zur Ill, wo das Wasser bei der äußeren Holzbrücke wieder ins Flussbett geleitet wurde.
Die Kosten für die gesamte Anlage beliefen sich damals auf ca. 400.000 Kronen, wobei allein der Bau des Kraftwerks 235.000 Kronen kostete. Das neue E-Werk lieferte anfänglich 600 PS, mit der 1907 in Betrieb genommenen zweiten Turbine konnten dann noch einmal 400 PS produziert werden. Ziel der Stadt Bludenz als Betreiber war es, mit dem hier erzeugten Strom neben der Beleuchtung der Straßen vor allem heimische Kleinbetriebe zu unterstützen und langfristig auch neue Industriebetriebe anzulocken. Tatsächlich schlossen sich, nachdem die Anlage Anfang 1901 mit der Straßenbeleuchtung probeweise den Betrieb aufgenommen hatte, bereits im ersten Jahr sieben Kraftabnehmer an das Stromnetz an. Ab 1902 wurde der Strom versuchsweise auch für Kochen und Heizen in Haushalten eingesetzt.
Innerhalb weniger Jahre konnte das Kraftwerk zusammen mit dem 1911 in Bürs fertiggestellten Alvierwerk etwa 10.000 Einwohner im Großraum Bludenz versorgen. 1950 übernahm schließlich die Vorarlberger Kraftwerke AG das Kraftwerk, dessen Ende 1984 durch den Bau des Walgaukraftwerks herbeigeführt wurde. OS