Zwei Lakaien für die Diva

Nobel erblasst ist seit seiner Renovierung bzw. seinem Umbau durch Marte.Marte Architekten Schloss Hofen in Lochau. Erweitert durch zwei kubische, ganz in Alublech gewickelte Erschließungstürme. Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Stefan Hauer
as aus dem 16. Jahrhundert stammende Schloss Hofen sorgsam zu renovieren und gleichzeitig ganz heutig weiterbauen zu dürfen, sei „ein Riesen-Abenteuer“ gewesen, so Architekt Stefan Marte. Das sehr gut ausgegangen ist, wie das neue alte Haus zeigt, dessen bis vor Kurzem rustikal rote „Haut“ nun nobel erblasst ist. Weiß war die Originalfarbe des ehemals adeligen Ansitzes, dessen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert sehr wechselhaft war. Während des Ersten Weltkriegs wurde das Schloss zum Reservespital, davor lebten hier geistig behinderte Kinder, danach erholungsbedürftige Soldaten. Zwischen 1952 und 1972 wurde es zur Gastgewerbeschule, dann zum Landes-Bildungszentrum, um seit 1991 als „Zentrum für Wissenschaft, Aus- und Weiterbildung“ inklusive Seminarhotel geführt zu werden.
Im März 2015 wurde mit dem Umbau von Schloss Hofen begonnen, 18 Monate später das Haus neu eröffnet. Umgebaut nach den Plänen des brüderlichen Architektenduos Bernhard und Stefan Marte, die mit ihrem Entwurf nach europaweit ausgeschriebenem Verhandlungsverfahren den anschließendem Wettbewerb gewannen. Mit einem Projekt, das von großem Respekt vor dem Bestand getragen ist, aber ohne sich von diesem einschüchtern zu lassen. Indem immer ganz klar ablesbar bleibt, was alt und was neu ist, wo man sich Zitate erlauben kann bzw. will und wo ein Sich-Anpassen nur kläglich scheitern könnte.
Wobei für die Architekten immer klar war, dass der historische Bestand die Diva bleibt, so Stefan Marte. Gäbe es doch nichts Schöneres für einen Architekten, als „das Edle, Wahre eines Objekts freizulegen“. Folgerichtig wurde ganz am Anfang das Schloss äußerlich auf seinen ursprünglichen Bestand zurückgebaut, während sein Inneres fast zur Gänze ausgehöhlt, auf das Konstruktive reduziert wurde. Um dem Haus den Anforderungen von heute etwa nach Barrierefreiheit und Ausstattung entsprechend eine völlig neue Struktur zu geben.
20 Tonnen Stahl wurden bei dieser dringend notwendigen Generalsanierung in das alte Gemäuer eingezogen, um es bautechnisch auf den neuesten Stand zu bringen. Was aber nicht bedeutet, dass man im Haus nicht immer wieder auf das eine oder andere schöne alte Gewölbe, hölzerne Kassettendecken oder historischen Stuck stoßen würde. Ständig galt es auf die unterschiedlichsten räumlichen Situationen zu reagieren, die Architekten verführend zu reizvollen Spielereien mit Licht und unterschiedlichen Materialien. Sämtliche Böden und Fenster sind aus Holz und neu, ihre Umrahmungen nach außen genauso wie die der Türen sind, sofern erhalten, aus Sandstein und wenn nicht, als Zitat der originalen aus Sichtbeton neu gebaut.
Jedes Geschoß von Schloss Hofen hat eine spezielle Funktion. Unter dem Dach und im zweiten Obergeschoß sind die 31 Gästezimmer so schlicht und funktionell wie möglich eingerichtet. Hinter einer Schrankwand sind raffiniert WC und Bad versteckt, die hölzernen Türelemente sind bündig in die Mauer versenkt. Im Gegensatz zu jenen der 13 unterschiedlich großen und je nach Vorgaben individuell ausgestatteten Seminarräume, wo die Türen wie massive, in die Gänge gestülpte Raumkörper daherkommen. Der schönste der Seminarräume ist unzweifelhaft jener, zu dem die spätgotische ehemalige Hauskapelle mit ihrem prächtigen, teilweise bemalten Kreuzgratgewölbe umfunktioniert worden ist.
Im Erdgeschoß befinden sich neben der Rezeption in stimmungsträchtigen Gewölben ein – mit modernen Möbelklassikern möblierte – Café, eine Bar und ein Restaurant. Die Küche, die sich früher hier befand, wurde in einen der zwei kubischen Anbauten ausgelagert, die ganz die kompromisslos klare Handschrift von Marte.Marte verraten. Die 500 Quadratmeter dieser in Stahlbetonskelettbauweise errichteten Türme sind teilweise im Hang versteckt und zur Gänze mit Alu-Streckmetall ummantelt, was ihnen eine raffinierte Hermetik verleiht, um trotzdem viel Licht ins Innere zu lassen. In diesen Zubauten sind auch diverse Technikräume untergebracht sowie das höhlig schwarze Treppenhaus samt Lift.
Es gibt nichts Schöneres, als das Edle, Wahre eines Objekts freizulegen.

Der Café-Bereich wird von einem schönen alten Gewölbe überspannt. Die Wände sind weiß, die Böden mit Eichen-
parkett belegt. Die Möblierung ist klassisch modern.

Schlicht ist auch die Einrichtung der 31 Gästezimmer. Platz durfte hier nicht verschwendet werden, weshalb die Architekten das Bad raffiniert hinter einer Schrankwand verschwinden lassen.

Was erhalten werden konnte, wurde erhalten und bisweilen geschickt ergänzt, wobei immer ganz klar ablesbar ist, was alt und was neu ist. Zur gleichmäßigen Beleuchtung des Seminarraums wurden dagegen durchgehend große Lichtelemente eingesetzt.

Jeder der 13 Seminarräume ist anders. Der schönste ist aber unzweifelhaft jener, der in der ehemaligen Schlosskapelle mit seinem bemalten spätgotischen Kreuzrippengewölbe eingerichtet ist.

Wieder ein anderer Seminar-raum hat eine schwere alte hölzerne Kassettendecke.

Als schwarze Höhle ist das im neuen Zubau untergebrachte Stiegenhaus angelegt. Erhellt von in die Seitenwände eingelassenen Lichtbändern.

Auch die Rezeption im Erdgeschoß wird von einem Gewölbe überspannt. Die Möblierung ist schnörkellos funktionell und nach den Entwürfen von Marte.Marte aus Eiche getischlert.

Nobel erblasst ist Schloss Hofen seit dem Umbau durch Marte.Marte. In Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt wurde der Bestand aus dem 16. Jahrhundert rückgebaut,
liebevoll renoviert und selbstbewusst durch Neues ergänzt.

Architekt Stefan Marte mit Manuela Partel,
der Leiterin des Seminarhotels, vor zwei Türen, deren
Umrahmungen als reizvolles Zitat der originalen aus
Sandstein nun aus Sichtbeton gebaut sind.

An das Schloss seit- bzw. rückwärts angedockt wurden zwei teilweise in die Erde hineingegrabene Erschließungsbauten, die zur Gänze mit zart perforiertem Alu-Streckmetall ummantelt sind.