Mit kreativem Twist

Jeremy Auer (l.): geboren in Dornbirn, gelernter Touristikkaufmann, isst am liebsten Käsknöpfle.
Alexander Pezold (r.): geboren in Schlieren (bei Zürich, Schweiz), gelernter Landschaftsgärtner, trinkt am liebsten Mohrenbräu.
Was passiert, wenn in der Bundeshauptstadt zwei Exil-Vorarlberger kulinarisches „Heimweh“ bekommen? Sie wirbeln die Wiener Streetfood-Szene ghörig durcheinander – ein Interview über Herzlichkeit, atmosphärische Coolness und ganz viel Apfelmus.
Jeremy Auer und Alexander Pezold setzen in ihrem Lokal am Hernalser Gürtel mit ihren experimentellen Dishes ein kulinarisches Statement, kombiniert mit dem Geschmack der Kindheit, einer Brise Heimatgefühl und knusprigen Röstzwiebeln.
Wie kam es zu der Idee, in Wien einen Imbiss mit Vorarlberger Spezialitäten zu eröffnen?
Wir haben das Vorarlberger Essen vermisst, vor allem aber gute Käsknöpfle. Diese Sehnsucht teilen wir wahrscheinlich mit vielen Exil-Vorarlbergern – und so entstand die Idee, in Wien einen Imbiss mit heimischen Spezialitäten zu eröffnen.
Ihr betreibt zusammen das Ghörig. Wie habt ihr euch gefunden?
Wir haben beide die Tourismusschule in Bludenz besucht und uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Uns hat immer schon die Leidenschaft fürs Essen verbunden, und wir ergänzen uns auf allen Ebenen perfekt. Nachdem wir beide nach Wien gezogen sind, entstand während der Corona-Phase die Idee für das Ghörig.
Wie kommt man auf so ausgefallene Kombinationen wie panierte Käsknöpfle-Kugeln mit Apfelmus? Selbst experimentiert?
Die Idee zu ausgefallenen Kombinationen entstand tatsächlich durch experimentelles Kochen und die Suche nach neuen, überraschenden Geschmackserlebnissen. In der klassischen Wiener Küche wird alles paniert, von Rindfleisch bis zu Schnecken oder Champignons. Wir wollten zunächst einen Burger machen, aber die Kombination mit Fleisch war uns zu deftig. Auf einem Italienurlaub haben wir die Arancini (panierte Risotto-Kugeln) kennengelernt und daraus entstand dann die runde Form der Ghörig Balls.
Was ist eure Food-Mission?
Unsere Mission ist es, sowohl den Wienern die Vorarlberger Spezialitäten näherzubringen, als auch den Vorarlbergern in der Hauptstadt ein Stück Heimat zu vermitteln. Nicht nur Wiener, sondern auch Touristen aus der ganzen Welt freuen sich über originale Vorarlberger Käsknöpfle. Unser Ziel ist es, durch unsere Gerichte eine Brücke zwischen den verschiedenen Kulturen zu schlagen und die kulinarische Vielfalt Österreichs zu zelebrieren.

Was muss man unbedingt essen, wenn man zu euch kommt?
Auf jeden Fall die Ghörig Balls – die sind unser Signature Dish. Für die Traditionalisten empfehlen wir die klassischen Käsknöpfle. Wir haben versucht, den Geschmack unserer Kindheit von Zeltfesten, Fasching und Fußballspielen modern zu interpretieren und einen kreativen Twist einzubringen.
Was ist eure Imbiss-Philosophie?
Sie basiert darauf, unseren Gästen ein Stück Heimat in Wien zu bieten, indem wir per „du“ sind und im Dialekt reden. Wir möchten, dass sich jeder bei uns wie zu Hause fühlt. Daher legen wir besonderen Wert darauf, dass sich unsere Gäste nicht nur kulinarisch verwöhnt fühlen, sondern auch eine vertraute und herzliche Atmosphäre erleben. Diese Verbundenheit zu unserer Heimat spiegelt sich auch in der Auswahl unserer Zutaten wider: Wir verwenden hochwertige regionale Produkte, beziehen unser Gemüse direkt aus der Umgebung und unser Brot kommt frisch vom örtlichen Bäcker. Durch diesen Ansatz möchten wir sicherstellen, dass unsere Gerichte nicht nur gut, sondern auch authentisch und von höchster Qualität sind.
Das Geheimnis guter Käsknöpfle? Es liegt neben der Qualität der Zutaten vor allem in der richtigen Zubereitung und der Liebe zum Detail. Wir verwenden vier verschiedene hochwertige Käsesorten für unsere Käsemischung, bereiten die Spätzle nach traditionellem Rezept frisch zu und stellen täglich auch knusprige Röstzwiebeln frisch her.
Was ist das Besondere an der Streetfood-Kultur? Warum ist Essen „to go“ weltweit so beliebt?
Sie zeichnet sich durch ihre Vielfalt, Kreativität und Zugänglichkeit aus. Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit, unterschiedliche Geschmacksrichtungen und kulinarische Traditionen kennenzulernen und schnell zu genießen, ohne auf Qualität zu verzichten. Wir punkten auf jeden Fall mit Schnelligkeit, denn wir möchten unseren Gästen ein rasches und dennoch genussvolles kulinarisches Erlebnis bieten, das perfekt in den hektischen Alltag der Stadt passt.
Essen die Leute aus Lust oder Notwendigkeit schnell zwischendurch?
Beides. Streetfood bietet eine praktische Möglichkeit, hochwertiges Essen unterwegs zu genießen, aber gleichzeitig auch eine Gelegenheit, neue Geschmackserlebnisse zu entde-cken. Gerne können die Gäste auch länger bei uns verweilen oder wir stellen den hinteren Raum für Veranstaltungen zur Verfügung.
Braucht Streetfood eine bestimmte coole Umgebung, um gut rüberzukommen?
Streetfood kann überall gut rüberkommen, solange die Atmosphäre einladend und entspannt ist. Eine coole Umgebung kann sicherlich dazu beitragen, das Erlebnis zu verbessern, aber letztendlich kommt es vor allem auf die Qualität der Speisen und die Freundlichkeit des Teams an.
Text: Christiane Schöhl von Norman
Fotos: Franck Michallon, Vienna City Food, Franck Michallon