Mit Liebe und List wird alles gut

Das Theaterstück „Annas Reise in die griechische Sagenwelt“ hat eine Botschaft und reißt jeden mit.
Sulzberg Schon im alten Griechenland entwickelten sich Liebesbeziehungen, die wegen Ressentiments, Standesdünkel, Eitelkeit oder gar Rassismus nicht akzeptiert wurden. Mit „Romeo und Julia“ zeigte Shakespeare Jahrhunderte später, wie viel Leid der Hass verursacht und wie verzweifelt sich Liebende dagegen stemmen. In Anlehnung an den berühmtesten aller Dramendichter nennt sich die Kinder- und Jugendgruppe des „Theaters 6934“ in Sulzberg „Shakespeare’s Enkel“.
Als solche ist man schon mehrmals mit engagierten, komplexen oder gar frechen Produktionen aufgefallen, die meistens zur Weihnachtszeit aufgeführt werden, nicht unbedingt mit Weihrauch daherkommen müssen, aber immer eine schöne, kluge Botschaft haben. „Annas Reise in die griechische Sagenwelt“ betitelt Spielleiterin Elvira Bilgeri das neue Stück, das am Samstagabend berührte, begeisterte, überraschte, unterhielt und so einige Erkenntnisse lieferte.
20 Kinder und Jugendliche aus der Region haben sich dafür monatelang mit einem Stoff auseinandergesetzt, der der griechischen Mythologie entnommen wurde und in einer Aussage gipfelt, die eine aufgeklärte, moderne Gesellschaft ausmacht, aber leider doch immer wieder vergessen wird. Anna will mit einem Jungen ausländischer Herkunft Freundschaft schließen und stößt damit in ihrem Umfeld auf Widerstand. Ganz dem antiken Theater entsprechend, tritt sie nun als Kommentatorin der Erzählung von Amor und Psyche auf, in die sie immer wieder einschreitet.
Auch Angelika Kauffmann
Der Zuhörer begegnet damit einem Motiv, das man auch aus zahlreichen Darstellungen in der bildenden Kunst kennt. Die Bregenzerwälder Malerin Angelika Kauffmann (1741–1807) thematisierte diese Liebesgeschichte in einem ihrer berühmtesten Bildnissen, und einmal porträtierte sie sogar zwei adelige Kinder in der Verkleidung des Gottes und der Königstochter, die in den göttlichen Stand aufgenommen wurde. Schon im 18. Jahrhundert haben Kinder also diese Geschichte nachgespielt. Ob das die Sulzberger wussten? Jedenfalls hat Elvira Bilgeri mit ihrem Team spritzige und feinfühlige Dialoge erarbeitet, die ihre jungen Spielerinnen und Spieler mit erstaunlich guter Artikulationsfähigkeit und sichtlich großer Freude am Witz übermitteln.
Psyche erregt mit ihrer Schönheit ja die Eifersucht von Aphrodite, Amor, der ihr einen Gatten zuführen soll, verliebt sich selbst in die junge Frau. Es folgen Verbannung, Verstellungen und zahlreiche Prüfungen bis hin zum angeordneten Abstieg in die Unterwelt. Der göttliche Amor reagiert mit List, Psyche mit Aufrichtigkeit und Vertrauen, und nachdem die beiden nichts trennen kann, akzeptieren Zeus und Co. die Verbindung. Dass das Kind, das bereits unterwegs ist, einmal die Göttin der Wollust wird, wissen die Großen. Für die Kleineren bzw. Jüngeren siegt die Freundschaft, das Miteinander, das sie durch das Spiel auf der Bühne, wo jeder seine Rolle ausfüllt, auch widerspiegeln. Übrigens bis hin zu den beiden Perkussionisten, die bezeugen, dass man im Bregenzerwald auch auf Musikausbildung großen Wert legt.
„Shakespeare’s Enkel“ oder die Gruppe „6934 Sulzberg“ fördert nicht nur die Theater- und Literaturbegeisterung, vielmehr wird nun auch ein Stoff behandelt, der zum weiten Bereich humanistischer Bildung zählt, und die Podiumserfahrung, die die jungen Menschen dabei machen, ist ohnehin nicht zu unterschätzen. Außerdem hat es enormen Spaß gemacht.








Weitere Aufführungen am 22. und 28. Dezember um 19 Uhr
im Laurenzisaal in Sulzberg.