Frauenpower in Vorarlbergs ältestem Gotteshaus

Bei den “Laguzzen” steht die Freude am Singen im Vordergrund.
Bludesch Sie sind so ziemlich das Gegenteil zu all jenen, für die im A-Cappella-Chorgesang absolute Sauberkeit, Präzision und Disziplin das höchste Gut ist. Die „Laguzzen“, ein fünfköpfiges Frauenensemble, stehen für große Spontaneität und Lebendigkeit, für Natürlichkeit, ein kommunikatives Lächeln und haben gerade damit Kultcharakter in der heimischen Gesangsszene erreicht. Denn dieses auf sympathische Art Anderssein als die anderen, das Unverkrampfte, Authentische, die „kleine Lücke“, wie sie es selber lachend nennen, die auch einmal einen kleinen Ausrutscher toleriert, gefällt auch ihrem Publikum. Wichtig ist, dass es Spaß macht.
Das Ensemble mit seiner besonderen Präsentationsform ist am Sonntag nach Längerem wieder einmal live zu erleben, und zwar dort, wo es hingehört: in Vorarlbergs ältestem Gotteshaus, der auf 842 zurückgehenden archaisch-lauschigen St. Nikolauskirche von Bludesch im Rahmen der dortigen Konzertreihe. Der Run auf diesen Termin ist entsprechend groß, zahlreiche Fans aus dem ganzen Land genießen auf unbequemen Büßerbänken in der Kirche eine Stunde lang die „Laguzzen“, die so wie einst die Sirenen mit ihrem Gesang jeglichen Schmerz vergessen lassen. Am Ende wird Begeisterung in Standing Ovations umgesetzt.
Zu Recht, denn diese Formation voll Frauenpower mit ihrem Mut zum Charme des Unvollkommenen setzt engagiert ein breit gefächertes Programm um, das allein schon für Kurzweil sorgt. Das war schon zur Gründungszeit 2005 ein Markenzeichen. Damals hat Hildegard Frei-Bertsch dieses Ensemble ins Leben gerufen, ihm nach dem ersten Probenort den Namen der Alpe Laguz im Großwalsertal gegeben und gehört ihm, nach mehreren Umbesetzungen, bis heute als eine Art Schutzmantel-Madonna an. Der verbliebene harte Kern der Truppe mit teils prominenten Namen besteht zudem aus Elke Bitschnau, Ilga Sausgruber, Ulli van Delft und der ausgebildeten Sopranistin Petra Tschabrun, die 2012 von ihrer Mutter die Leitung übernommen hat. Sie tut dies, ohne sich als Dirigentin in den Vordergrund zu spielen und steuert dazu maßgeschneiderte klangvolle Arrangements für das Ensemble bei.
Gestartet wird mutig mit Sakralmusik des 20. Jahrhunderts, einem choralartigen „Da pacem, Domine“ von Charles Gounod und dem Kanon „Per Crucem“ von Jacques Berthier, der mit seinen Taizé-Gesängen die Literatur in unseren Kirchen aufgefrischt hat. Dabei bleiben bei den in variablen Aufstellungen agierenden Sängerinnen doch noch Wünsche an Stilsicherheit und Homogenität offen. Nach einer Einhörphase kommen sie auch mit der zwar tragenden, aber heiklen Akustik des Kirchleins zurecht, die unbarmherzig jede Unebenheit der Gesangsstimmen in Klang, Rhythmik und Intonation aufzeigt. Kleinigkeiten, die angesichts einer positiv beeindruckenden Gesamtleistung der „Laguzzen“ nicht wirklich ins Gewicht fallen.
Besondere Feierstunde
Und da ist im zweiten Teil mit bekannten Spirituals, die die Sängerinnen spürbar im Blut haben, sogar noch eine deutliche Steigerung drin. Da darf nun jede der Fünf je nach Temperament und Veranlagung mal aus dem Kollektiv ausbrechen und solistisch jazzig oder mit Soulstimme improvisieren, zu dem der Rest mit Übermut und rhythmischem Feeling den vierstimmigen geschlossenen Satzgesang beisteuert, die berühmten „Close Harmonies“. Einmal, bei „Hold on“, wagt sich die Truppe sogar in die Fünfstimmigkeit, während sonst gepflegte Vierstimmigkeit oder eindrucksvolle Unisono-Passagen dominieren und die Stimmen in großer Harmonie ineinander verschmelzen lassen. Danke, „Laguzzen“, für diese besondere Feierstunde! Fritz Jurmann
Nächstes Bludescher Orgelkonzert, St. Jakobskirche: 22. September, 17 Uhr