Warum die Festspiele in Warteposition bleiben können

Kultur / 02.04.2020 • 11:00 Uhr
Warum die Festspiele in Warteposition bleiben können
Am 30. Mai wird entschieden, ob die Bregenzer Festspielsaison 2020 ab 22. Juli mit „Rigoletto“ stattfindet. STIPLOVSEK

Für Bregenz gilt noch, dass an der Entscheidungsfrist bis Ende Mai nicht gerüttelt wird.

Bregenz, Salzburg In Bregenz wäre es die 75. Saison, in Salzburg steht man gar vor dem 100-Jahr-Jubiläum. Doch wir wissen es alle, ob der Vorhang an den Stätten der großen österreichischen Sommerfestspiele heuer aufgeht oder die Scheinwerfer über der Seebühne leuchten, ist angesichts der Corona-Pandemie alles andere als sicher. Zu Absagen hat man sich hier wie dort noch nicht entschlossen und daran ändert sich auch nichts, wenn Veranstalter anderswo bekunden, dass bei ihnen bereits alles auf Aus gestellt ist.

Ein Ruck in der Branche

Das Abwarten in Bregenz hat einen Grund und dieser stellt sich nun erneut konkret dar, nachdem, wie berichtet, die Bayreuther Festspiele, wie es dort heißt, heuer „eine Saison aussetzen“ wollen. Dazu muss man wissen, dass die stets ausverkauften Opernaufführungen in der oberfränkischen Stadt von der Historie her im Zentrum des europäischen Festspieltreibens stehen. Eine Absage wie sie in Friedenszeiten bei den 1876 vom Komponisten Richard Wagner gegründeten Festspielen nicht erinnerlich ist, erzeugt logischerweise einen Ruck in der Branche. Der Reflex lautet unweigerlich: Was ist mit Salzburg und was ist mit Bregenz?

„Es gibt keinerlei Informationen, die eine Änderung unserer Position erzwingen würden.“

Hans-Peter Metzler, Festsielpräsident

Es wäre “spekulativ”

An beiden Orten hat man sich darauf geeinigt, die Entscheidung erst Ende Mai zu treffen. Im Wortlaut des Festspielpräsidenten Hans-Peter Metzler heißt das: „Wir halten an unserer Position fest. Es gibt keinerlei Informationen, die eine Änderung unserer Position erzwingen würden.“ Der Unternehmer ist kein Realitätsverweigerer, die gesamte Festspielleitung stehe ständig mit Vertretern in der Kulturabteilung des Bundes, mit Vertretern des Landes, der Stadt Bregenz und auch mit den Kollegen in Salzburg in Kontakt. Wenn jetzt jemand sage, dass es auch im Sommer ein Veranstaltungsverbot gibt, dann müsse er schon darlegen, woher er die Information hat. Damit spielt Metzler auf eine Aussendung der Tiroler Festspiele in Erl an, in der die Absage der Veranstaltungen damit begründet wird, „dass man zur Kenntnis nehmen müsse, dass die Ansammlung von Menschen in größerer Zahl mindestens bis zum Herbst nicht gestattet werden wird“.  Metzler wird konkret: „Sollte der Bundeskanzler nun ernsthaft behaupten, dass es im August noch keine Reisefreiheit gibt, dann will ich wissen, auf welche Fakten er sich beruft.“ In einem Jahr ohne Neuinszenierung auf der Seebühne, was heuer der Fall ist, beginnen die Proben in Bregenz Mitte Juni. Jetzt schon zu sagen, dass dies absolut unmöglich ist, wäre „spekulativ“.

Hohe Verluste

Der Verlust für die Bregenzer Festspiele gehe bei einer Absage in mehrstellige Millionen. Metzler: „Ich frage, wer soll das bezahlen?“ Die Wertschöpfung in der näheren Region wird mit 100 Millionen Euro beziffert. „Einen wirtschaftlichen Schaden haben wir in allen Bereichen“, erläutert der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart den Stand der Dinge: Man habe noch einen Zeitraum von zwei Monaten, er sei kein Pandemie-Experte, die Entscheidung werde davon abhängen, wie sich die Situation entwickelt, aber es sei wichtig, dass man sie aufgeschoben hat. „Ich bin froh, wenn die Festspiele mit der Entscheidung zuwarten können, da sind ja auch vertragliche Themen im Hintergrund“, erklärte Landeshauptmann Markus Wallner.

„Den wirtschaftlichen Schaden haben wir in allen Bereichen. Es gilt, ihn zu minimieren.“

Markus Linhart, Bürgermeister Bregenz

Der Vorverkauf bei den Bregenzer Festspielen, die im Vorjahr 250.000 Besucher begrüßen konnten, lief schon im vergangenen Winter sehr gut, die Tickets sind zu einem großen Teil gebucht. Andere Sommerfestivals, die im Normalfall jetzt in die heiße Phase des Vorverkaufs treten, befänden sich freilich in einer schwierigen Lage, skizziert Metzler die Situation.

Rechnet man alles hinzu, ist die Karte der europäischen Musikfestivals reich bestückt und beginnt sich nach und nach auszudünnen. Eine Meldung kam erst am Mittwoch aus München. Dort hat sich Nikolaus Bachler, Intendant der Staatsoper, bis Anfang Mai eine Frist gesetzt, erst dann werde entschieden, ob die dort ab Ende Juni geplanten Opernfestspiele stattfinden.