Diese “Auferstehung” erinnert an einen Revoluzzer

Beim Blick auf Fritz Pfisters “Auferstehung” wird erneut deutlich, dass Vorarlberg eine Landesgalerie fehlt.
Bregenz, Bludenz Es gibt Begegnungen, die beeinflussen das Leben bzw. bestärken uns bei der Entscheidung zu Ausbildung und Beruf. Man kann sich das Bild lebhaft vorstellen: In den Minuten zwischen Pause und Unterrichtsbeginn herrschte noch reichlich Lärm in der Gallus-Gymnasialklasse in Bregenz. Da betrat der Lehrer den Raum und sorgte mit einem gellenden Pfiff für absolute Ruhe. Es handelte sich um Fritz Pfister (1924-1989), der nur Künstler sein wollte, aber wie so viele in seiner Generation als Kunstschaffender allein nicht leben konnte und somit auch Pädagoge war. Zum Glück für einige seiner Schüler. Zu diesen zählte auch der Bregenzer Rudolf Sagmeister. Er entschied sich für das Studium der Kunstgeschichte, machte sich mit wissenschaftlichen Arbeiten, etwa als maßgeblicher Wiederentdecker der Vorarlberger Künstler Rudolf Wacker oder Edmund Kalb und als Ausstellungskurator einen Namen. Am Nebenpult saß mit Christoph Luger ein mittlerweile renommierter Vertreter der Malerei.

“Er ist ein Wegbereiter der Abstraktion in Österreich”, erklärt Sagmeister, “seine Arbeiten zeichnen sich durch ein ungemeines Gespür für Farben aus.” Es mag erstaunen, wenn man bedenkt, dass Fritz Pfister nach der Ausbildung in Tirol und grafischen Arbeiten erst in den späten 1940er- und dann in den 1950er-Jahren mit Malerei auf den Plan getreten ist. Aber das Kunstschaffen hatte durch den Zweiten Weltkrieg mit der Ablehnung der Moderne in den Jahren der Diktatur ja eine Zäsur erlebt. Als Pfister, der sich etwa intensiv mit den Arbeiten eines Paul Klee oder eines Piet Mondrian auseinandersetzte, mit den ersten abstrakten Bildern daherkam, hatte er in einem dem Traditionalismus verhafteten Umfeld rasch den Begriff Revoluzzer auf sich sitzen.
Schritt für Schritt
Abgesehen davon, dass es früher datierte gegenstandslose Arbeiten gibt, zeigt das Werk “Auferstehung” aus dem Jahr 1966 sehr schön das schrittweise Vorgehen. Die zentrale Figur in der Erlöser-Pose ist noch erkennbar, um sie herum sind Knieende auszumachen. “Die trauernden Frauen”, zehn Jahre zuvor entstanden, kennzeichnen ein Werk, in dem sich die geometrischen Figuren überhaupt erst je nach Betrachterdistanz aus den Farbfeldern herauslösen. Die Arbeit befindet sich ebenso wie die “Auferstehung” in Vorarlberger Privatbesitz. Es ist auch dem Sammler Alwin Rohner zu verdanken, dass das Schaffen Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler überhaupt gesichert und zugänglich gemacht wird.
Ständige Präsenz wünschenswert
Das privat geführte Museum Rohnerhaus in Lauterach hat zwar die Öffnungszeiten reduzieren müssen, ermöglicht aber aufgrund des Sammlungsbestandes die Auseinandersetzung mit regionaler Kunst. Die Errichtung einer Landesgalerie wird seit Jahrzehnten gefordert. Rudolf Sagmeister erachtet sie bzw. die ständige Präsenz von Arbeiten als zentralen Bestandteil einer professionellen Kunstvermittlung. “Ich muss die Kontinuität wahrnehmen und mir nach und nach ein Bild vom Werdegang eines Künstlers machen können”, erklärt Sagmeister: “Die Annahme, dass ein Museum mit bildender Kunst langweilig sei, ist doch längst überholt und veraltet.” Einige Arbeiten von Fritz Pfister seien zwar in öffentlichen und halböffentlichen Gebäuden zu sehen, aber das sei definitiv zu wenig. Der Künstler hatte übrigens im Schulgebäudekomplex in Bregenz ein Atelier bezogen, er erhielt den Hugo-von Montfort-Preis für sein “Nachtstück”, einem wunderbaren, nahezu abstrakten Werk vom nächtlichen Bodenseeufer.
