Bezauer veröffentlichte 1649 Baukunst-Fibel

Kultur / 22.05.2020 • 20:27 Uhr
Johann Wilhelm schrieb sich mit diesem Buch in die Architekturgeschichte ein.
Johann Wilhelm schrieb sich mit diesem Buch in die Architekturgeschichte ein.

Johann Wilhelm verschlug es vom Bregenzerwald nach Frankfurt, wo er Ansehen erwarb.

Bezau, Frankfurt/Main Aber nicht nur das, Johann Wilhelm, 1595 in Bezau geboren, muss ein strebsamer Mann gewesen sein, er ging als „weltberühmt kunstverständiger Meister“ in die Chroniken ein und erwarb 1621 das Frankfurter Bürgerrecht als Zimmermann. Hilfreich dürfte dabei eine Frankfurterin gewesen sein, die er ehelichte. Vom Privatleben ist nicht viel bekannt. Das Schicksal dürfte es allerdings nicht nur gut mit ihm gemeint haben, im Jahr 1630 heiratete er ein zweites Mal, was darauf schließen lässt, dass seine erste Frau früh verstarb.

Sein eigenes Sterbedatum kennen wir nicht, dokumentiert ist nur, dass er 1669, also mit über 70 Jahren, noch ein drittes Mal den Bund der Ehe einging. Den Abbildungen nach muss Johann Wilhelm eine stattliche Erscheinung mit lockigem Haar und gepflegtem Bart gewesen sein. Selbstbewusstsein war ihm mitgegeben, Wilhelm zählt zu den Protagonisten jener Vorarlberger Baumeistergenerationen, die etwa mit Barockbauten nicht nur die Bodenseeregion prägten, sondern bis weit in den Norden und in Frankreich tätig waren. Sein Metier war die Holzbaukunst und die beherrschte er so meisterlich, dass er ein Standardwerk dazu verfasste.

Zeugnis einer Karriere

Eine Ausgabe dieser „Architectura civilis“ befindet sich in einer Vorarlberger Privatsammlung. Der Kunsthistoriker Tobias G. Natter erzählt, dass wir damit ein Zeugnis einer beachtlichen Karriere und erfolgreichen Berufslaufbahn vorliegen haben. Johann Wilhelm richtet sich damit an Architekturliebhaber und Schüler. Ein derartiges Werk erstellen zu lassen, war aufwendig und nicht zuletzt auch sehr kostspielig. Zahlreiche Pläne mussten gezeichnet werden und ein Kupferstecher erhielt damit einen umfangreichen Auftrag. Das zweiteilige Buch enthält insgesamt 70 Bildtafeln. Fokussiert werden Fachwerktechniken, Dachstuhlkonstruktionen, Treppen und statische Aspekte.

Wer sich mit der Vorarlberger Bau- und Holzbaukunst beschäftigt, die etwa ab den 1970er-Jahren eine Renaissance erfuhr, innovativ entwickelt wurde und mittlerweile internationales Renommée hat, sieht auch in Johann Wilhelm sozusagen einen Urahnen dieser Baukünstler. VN-cd

Ein Blatt aus der Architectura civilis. Vorarlberger Privatsammlung, Foto: Leissing
Ein Blatt aus der Architectura civilis. Vorarlberger Privatsammlung, Foto: Leissing