Wege aus der Krise

Unsere Welt neu denken. Eine Einladung
Maja Göpel, Ullstein Verlag, 2020, 208 Seiten
Maja Göpel lädt dazu ein, über Alternativen nachzudenken.
Sachbuch Während der Hochphase der Coronaepidemie war vielerorts von einer Neuorientierung zu hören, wenn denn das uneingeschränkte Leben wieder beginne. Die Krise biete die Möglichkeit, unsere Formen des Lebens und Wirtschaftens zu überdenken. Die Wünsche hörte man wohl, allein der Glaube daran war auf Grund gemachter Erfahrungen beschränkt. Jetzt, wo das Schlimmste erst einmal überstanden scheint, widmet sich der öffentliche Diskurs kleinlichen Abstandsvermessungen und mehr und weniger sinnvollen Einschränkungen. Die Obskuranten wiederum überschlagen sich im Netz mit Verschwörungstheorien, von denen die meisten über Vergangenes lamentieren, statt eine zukunftsorientierten Perspektive zu entwickeln. Dabei hätte uns die Politökonomin Maja Göpel, Generalsekretärin des wissenschaftlichen Beirats der deutschen Bundesregierung für „Globale Umweltveränderungen“, eine lesenswerte, praxisorienterte und beherzenswürdige Anleitung zur Hand gegeben. „Unsere Welt neu denken“ ist ein eindringliches und fundiertes Pladoyer dafür, unsere auf Verbrauch ausgerichtete Wirtschaft und auseinanderdriftende Gesellschaft zukunftsfähig auszurichten. Den neun ähnlich strukturierten Kapiteln des Buches ist eine „Einladung“ vorangestellt, in der die weltweiten Krisen von Umwelt und Gesellschaft kurz aufgerissen werden und in der die Absicht der Autorin mit den beiden Verben „erkennen“ und „verändern“ programmatisch vorgestellt wird.
Scharfer Blick
In jedem Kapitel werden einleitend die verfestigten Denkmuster, auf denen der problematische Ist-Zustand basiert, mit scharfem Blick und wirtschaftwissenschaftlicher Kenntnis analysiert. Der Autorin gelingt es, ökonomische Theorien auf ein allgemeines Verständnis herunterzubrechen. Überhaupt ist Verständlichkeit durchgehendes Schreibmotiv, angesprochen sind nämlich wir alle als Staatsbürger, als wirtschaftlich Handelnde und als Konsumenten. Der Analyse folgt jeweils die Beschreibung eines möglichen beziehungsweise notwendigen Auswegs aus der an der Endlichkeit der Ressourcen festgefahrenen Einbahn des einseitigen Wachstumsdenkens. Eine kurze Zusammenfassung beschließt die eindringlichen Abschnitte. In diesen geht es um zentrale Zukunftsfragen wie „Natur und Leben“, „Mensch und Verhalten“, „Wachstum und Entwicklung“, „Konsum“, „Gerechtigkeit“ oder „Markt, Staat und Gemeingut.“ Grundsätzlich gehe es darum, so die Autorin „neu zu verhandeln, was den Wohlstand der Menschen übermorgen ausmacht.“ Wer an dieser Ausverhandlung teilnehmen möchte, findet in dem Buch nicht nur eine Einladung dazu, sondern treffliche Argumente und weiterführende Informationsmöglichkeiten. M. Pichler