Schillergedicht und Schubertlied

Kultur / 19.07.2020 • 18:49 Uhr
Krimmel konnte mit lässiger Coolness in vielen sängerischen Belangen überzeugen. Schubertiade
Krimmel konnte mit lässiger Coolness in vielen sängerischen Belangen überzeugen. Schubertiade

Bariton Konstantin Krimmel gab der Schubertiade-Reihe „Junge Stimmen“ das Format vor.

HOHENEMS Das war ein unüberhörbarer Paukenschlag, eine Entdeckung gleich zum Start der fünfteiligen Reihe mit „Jungen Stimmen“ bei der Sommer-Schubertiade. Konstantin Krimmel, ein erst 27-jähriger, deutsch-rumänischer Bariton, konnte mit lässiger Coolness und ohne jeden Anflug von Nervosität in vielen sängerischen Belangen überzeugen.

Es braucht schon eine Portion Mut, um sich für sein Schubertiade-Debüt ein Programm allein aus Schuberts Schiller-Vertonungen auszusuchen, jene vielfach wenig bekannten, oft etwas sperrig und aus der Zeit gefallen wirkenden Balladen und Texten, denen der Komponist in Verehrung für den Dichter ein vielfältiges musikalisches Gewand verpasst hat. Schillergedicht und Schubertlied – das bedeutet in Summe freilich ebenso höchste Qualität in einer Kategorie, in der sich zwei der größten Meister des Wortes und der Musik aneinander messen. Typisch in der Textausdeutung sind diese lautmalerischen Bilder, die das dramatische Geschehen oder die Seelenbefindlichkeiten der besungenen Protagonisten illustrieren. Dabei ist für den Interpreten, abgesehen vom Musikalischen, allein das Erlernen dieser umfangreichen Textvorlagen, die er alle auswendig und ohne jede Unsicherheit beherrscht, eine höchst respektable Leistung.

Kraft und Schönheit

Diese Vertonungen geben dem Interpreten natürlich auch reichlich Gelegenheit, sein Repertoire an Ausdrucksvielfalt, Farben und äußerer und innerer Bewegtheit darzustellen. Krimmel geht die Aufgabe eher vorsichtig an, tastet sich in der Akustik vor und bleibt in seiner Aussagekraft noch eher einförmig. „Sehnsucht“, einer der wenigen populären Gesänge dieses Programms, bringt dann den Durchbruch. Jetzt entfaltet er die volle Kraft und Schönheit seines tragenden Baritons, bruchlos durch alle Register, demonstriert auch seine Tiefen und wird in vorbildlicher Diktion sehr rasch zum beredten Erzähler dieser Geschichten, denen man gespannt und mit Anteilnahme folgen kann. Schön, dass belesene Zuhörer in diesen Dichtungen auch auf sogenannte „geflügelte Worte“ aus Schillers Feder stoßen wie etwa „An der Quelle saß der Knabe“, „Platz ist in der kleinsten Hütte“ oder „Teures Weib, gebiete Deinen Tränen“.

Ein weiterer Höhepunkt

Krimmel kann sich auch auf seinen versierten Klavierpartner Daniel Heide verlassen, der für Doriana Tchakarova eingesprungen ist und den man als Begleiter von Andrè Schuen kennt. Er ist dem jungen Interpreten eine sichere Stütze und geht auch mit, wenn der Sänger sich im zweiten Teil in „Sehnsucht“ zu berührender Pianokultur zurücknimmt. Zu einem zweiten Höhepunkt schwingt er sich in der „Gruppe aus dem Tartarus“ auf und packt für das Finale mit „Hektors Abschied“ nochmals all seine dramatischen und dynamischen Mittel inklusive eines beeindruckenden Crescendos aus, ohne dabei je ins Opernhafte abzudriften. Die Spannung im Publikum schafft sich darauf in lautem Jubel Luft. Im Mai 2021 gibt es hier ein Wiedersehen mit Konstantin Krimmel und Schuberts „Müllerin“.

ORF-Sendetermin 30. Juli, 19.30 Uhr, Ö1