Wie der Damülser Sternenhimmel in eine neue Bregenzer Galerie kommt


Kunstraum von Isabel Sandner wird von Sebastian Voltmer mit Bildern aus dem All bespielt.
Bregenz, Damüls Platz ist in der kleinsten Hütte, heißt es so schön. Dass diese Hütte gar nicht so klein ist, obwohl mit der gerade einmal 57 Zentimeter breiten Fassade als schmalstes Haus Europas tituliert, zeigt sich erst im Inneren des Hauses an der Kirchstraße 29 in Bregenz. Dort, wo einst „J. Lang Bürstenmacher“ seinem Geschäft nachging, wurde in den letzten Jahren liebevoll erneuert und restauriert und seit Kurzem hat die Galerie ihren Betrieb aufgenommen. Nicht eine Galerie, sondern die „Galerie“, denn der Name des Ausstellungslokals wurde aus den Original-Buchstaben der ehemaligen Bürstenmacher-Beschriftung am Haus zusammengestellt. Geleitet wird die Galerie, die mit Ziegelmauern und Klinkerboden jenseits des White Cube Räumlichkeiten mit starkem Eigencharakter bietet, von der Bregenzer Künstlerin und Grafikerin Isabel Sandner. Auf den rund 200 Quadratmetern will sie künftig nicht nur Ausstellungen zeigen, sondern mit innovativen Formaten, wie Lesungen von jungen Literaten – in Kooperation mit dem Felder-Archiv -, mit Filmvorführungen und Konzerten einen neuen, offenen Begegnungsraum schaffen. „Noch dominieren die Baustellen“, sagt Isabel Sandner, „aber die Kirchstraße entwickelt sich mit den kleinen Läden und Cafés und jetzt auch noch mit der Galerie zu einem hippen Viertel.“
Astrofotograf, Filmemacher
In der ersten Ausstellung hat Isabel Sandner unter dem Titel „Sergio Leones Shooting Ballet“ als Hommage an den Starregisseur des Italo-Western ihre neuesten Arbeiten gezeigt. Mit Sebastian Voltmer und „Sternenbilder“ ist die zweite Präsentation dem außergewöhnlichen Werk des deutschen Fotokünstlers gewidmet. Sonne, Mond und Sterne faszinieren Voltmer schon seit Kindertagen. Jahrgang 1981, hat er an der Kunsthochschule Kassel Fotografie und Grafikdesign studiert, als 17-Jähriger seinen ersten Film gedreht, war mit seinem Beitrag „Astrofotografie als Methode zur Entdeckung von Kometen“ Bundespreisträger bei „Jugend forscht“, komponiert vor allem Filmmusik, hat seine Fotografien in zahlreichen Magazinen veröffentlich und seit 1996 international in vielen Ausstellungen gezeigt. Mehrfach ausgezeichnet, erhielt er 2019 für eine nun auch in Bregenz präsentierte Aufnahme der Milchstraße über den Steinkolossen von Stonehenge den ersten Preis der International Photography Awards.
Jüngst auch in Damüls
Von Australien bis Namibia, aber jüngst auch in Damüls, wo der Komet Neowise mit respektablem Schweif bei einem Galaauftritt vor der nächtlichen Kulisse der Mittagsspitze hell über den Himmel flitzte, ist Sebastian Voltmer stets mit Teleskop und Kamera unterwegs. Er hat den Sternenhimmel im Fokus, immer auf der Suche nach dem perfekten Ort mit klarer Luft und ohne Lichtverschmutzung und den perfekten Verhältnissen ohne Wind und Mondlicht. Für das unverfälschte Erlebnis dieses natürlichen Nachthimmels setzt sich der Künstler auch mit seinen Arbeiten ein. Mit großem Aufwand wie tiefgekühlten Kameras, die störendes Bildrauschen eliminieren, von ihm entwickelten wegweisenden Techniken und extremen, wochenlangen Langzeitbelichtungen, die die Erdrotation miteinberechnen müssen, dringt Sebastian Voltmer tief ins All vor und beschert uns außergewöhnliche Bilder aus den unendlichen Weiten – wie die Sternennebel in der Reihe „Deep Sky“, die das menschliche Auge in ihrer Farbigkeit nicht wahrzunehmen imstande ist, Nachbargalaxien, den zeitlichen Verlauf einer Mondfinsternis mit Doppelstern (hätten Sie gewusst, dass die meisten Sterne eigentlich Doppelsterne sind und der Verzehr von Heidelbeeren das nächtlich-differenzierte Sehvermögen fördert?) oder die ebenfalls auf einen textilen Bildträger gedruckten, sehr malerisch wirkenden Aufnahmen von Polarlichtern in irren Farben.

Während im Untergeschoß der Galerie einige ältere, noch analog fotografierte und deswegen als Bildkompositionen produzierte Werke ausgestellt sind, liegt der Fokus der neuen Arbeiten auf dem Licht selbst. Mit dem Potenzial der digitalen Fotografie gelingt es dem Künstler in seinen Handabzügen und Unikaten nun nicht nur das Funkeln der Sterne einzufangen. Auch das gleichzeitige Abbilden von Sternenhimmel und Landschaftsformationen ist möglich geworden, sodass wir in den Aufnahmen Sebastian Voltmers die Milchstraße über Stonehenge so sehen. Ariane Grabher
Geöffnet in der Galerie in Bregenz, Kirchstraße 29, bis 18. September, Mo bis Fr von 16 bis 19 Uhr. Künstlerführungen am 4., 5. und 18. September, jeweils um 19 Uhr.