„Lassen uns nicht unterkriegen“

Trotz der Probleme präsentierte Arpeggione eine strahlende „Gala Grande“.
HOHENEMS Die zuletzt gerade in der Kultur immer strenger werdenden Corona-Maßnahmen allein waren es nicht, die den Verantwortlichen des Kammerorchesters Arpeggione bei ihrer „Gala Grande“ zum 30-Jahr-Jubiläum das Leben schwermachten. Für den früheren russischen Chefdirigenten Alexander Rudin, auch als Cellosolist vorgesehen, gab es keinen Flug von Russland, dazu war die Violinsolistin Maria-Elisabeth Lott erkrankt. Es mussten also in diesem speziellen Programm auch drei Positionen neu besetzt werden. Doch dafür hatte Kurator Irakli Gogibedaschwili seine guten Verbindungen zur Hand und rasch adäquaten Ersatz gefunden. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, meinte denn bei der Begrüßung auch Organisator Josef Kloiber. Man will dem Virus trotzen. Dafür steht Musikern und Zuhörern die Freude ins Gesicht geschrieben, dass inmitten einer neuen Absagewelle überhaupt noch live gespielt werden darf.
Erstmals werden die Besucher auf den 160 von der Behörde erlaubten Plätzen angehalten, ihre Masken auch während des fast zweistündigen pausenlosen Konzertes zu verwenden. Die Ohren als das in diesem Fall wichtigste Sinnesorgan bleiben dennoch frei, Gott sei Dank. Und vermitteln den Eindruck, dass es sich hier trotz widriger Umstände keineswegs um ein Ersatzprogramm handelt, sondern ein vollwertiges Konzert auf besonderem Format. Dazu trägt in hohem Maße auch die Routine des Orchesters bei, das eigenverantwortlich ohne Dirigenten auskommen muss.
Drei Orchesterleiter
In dieser Situation wird die unverzichtbare Funktion eines Orchesterleiters, der gewisse Einsätze gibt, auf drei Musiker aufgeteilt. Da ist der bewährte ungarische Konzertmeister Zoltan Tuska, der seine Führungsqualitäten für das vorwiegend mit Streichern besetzte Orchester vom ersten Pult aus geltend macht. Das funktioniert meistens, nur zu wenig bei der gewichtigen Haydn-Symphonie „La Passione“, die nur unter den Händen eines Dirigenten zu detailreicher Schönheit erblüht wäre und nun etwas spannungsarm das Programm auch über Gebühr verlängert. Ansonsten übernimmt der eingesprungene quicke ungarische Violinsolist Barnabás Kelemen neben seinen anspruchsvollen Soloparts wie selbstverständlich auch einen Großteil der Leitungsfunktion. Der „Herbst“ aus Vivaldis berühmten „Vier Jahreszeiten“ gelingt auf diese Weise so sprühend und kompakt zwischen dem Solisten und den schlanken Streichern, als ob sie seit Jahren zusammen musizieren würden. Bei einem Concertino von Donizetti tritt der Geiger zudem in künstlerischen Wettstreit mit einem ebenso versierten Cello-Kollegen, seinem Landsmann László Fenyö, beide ausdrucksstark und mit atemberaubender Technik ausgestattet.
Solist der Berliner Philharmoniker
Den Eindruck eines lebendig durchpulsten Duetts von Opernsängern vermitteln zwei weitere exzellente Solisten mit einer Konzertfantasie über Rossinis „Italienerin in Algier“. Mit dem Deutschen Christoph Hartmann ist das kein Geringerer als der Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, der wunderbar weich sein Instrument in allen Lagen zum Singen bringt und Einsätze gibt. Ihm zur Seite, mit allen Wassern eines internationalen Solisten gewaschen, der französisch-chilenische Fagottist Guilhaume Santana, der bei der Deutschen Radio-Philharmonie eine führende Position bekleidet. Zum Finale mit einer Sinfonia Concertante von Haydn vereinen sich alle vier Solisten, dazu wird Arpeggione mit Bläsern zum 25-köpfigen klassischen Kammerorchester aufgestockt. Und da entspannt sich nun endgültig eine glänzend aufeinander abgestimmte Solistenparade mit einem in Hochform musizierenden Orchester. Das Finale lässt im einhelligen Jubel des Publikums Pandemie-Probleme vergessen.
Nächste Arpeggione-Konzerte am 14. November, 19.30 Uhr, und 15. November, 11 Uhr, Rittersaal, Hohenems (Beethoven-Violinkonzert mit Elisso Gogibedaschwili).