Auf der Suche nach zeitloser Musik

Kultur / 05.12.2020 • 15:00 Uhr
Auf der Suche nach zeitloser Musik
Nächste Aufführungen von Werken von Thomas Thurnher sind im kommenden Jahr geplant. TOBIAS THURNHER

Sein vielfältiges Schaffen entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Musikszene des Landes.

Dornbirn Er gehört zu jenen, die ihr Licht gern unter den Scheffel stellen. Dabei hat Thomas Thurnher vor allem mit seiner Chormusik österreichweit Anerkennung gefunden. Mit 80 Werken gilt er auch als besonders produktiver Komponist, der sich mit Erfolg in vielen Sparten versucht und von seinen Zuhörern verstanden wissen will.
 
Ihre Werke zeichnen sich durch besondere Klangsinnlichkeit aus – ist das Ihr Erfolgsgeheimnis bei Musikern und Publikum?
Meine Werke haben einen ausgeprägten Klangsinn. Ich bin ein sinnlicher Mensch. Aber beim Komponieren kämpfe ich ganz nüchtern um jede Note, um jeden Übergang und feile und tüftle herum, bis alles „eben ist wie eyn gehobelt‘ Brett“, wie Luther sagen würde.
 
Ihre Musik gilt als relativ gut verständlich. Denken Sie schon beim Schreiben an die Zuhörer?
Eigentlich folgen meine Töne streng den Ideen, die ich mir zuvor ausdenke und ich lege mir die Latte sehr hoch. Auf diese Weise ist dann jedes Werk ein Unikat. Schön, wenn sich meine Musik trotzdem gut mitteilt und auch ein Publikum findet. Offenbar komponiere ich „deutlich“ und „klar.“ Dennoch schreibe ich nicht nach jedermanns Maul, sondern mache Stücke, wie ich sie mir vorstelle.
 
Denken Sie auch an Ihre späteren Interpreten?
Unbedingt! Ich bekomme die schönsten Resultate, wenn sich die Musizierenden wohl und sicher fühlen.
 
Gibt es im Land genügend qualifizierte Aufführungsmöglichkeiten?
Ich bin zwar mit vielen Ensembles in Kontakt, aber ein Werk anzubringen ist immer schwierig. Im Chorbereich beispielsweise habe ich so viel komponiert, dass die Vorarlberger Chöre schon gar nicht mehr mit Singen nachkommen, es sind an die 50 Chorwerke. Vieles davon ist noch immer ungesungen, der Rückstau mittlerweile ganz beträchtlich. Vor Kurzem ist der Österreichische Chorverband auf mich aufmerksam geworden und es kommen erste Aufträge aus Wien. Ein schöner Erfolg war die Uraufführung von „Mena tanda wena“ mit dem Jugendchor Pizzicanto unter Oskar Egle beim Verbandsjubiläum im Wiener Musikverein.
 
Woher stammt eigentlich Ihre enge Bindung zur Vokalmusik?
Ich war während meines Studiums in Wien drei Jahre beim Jeunesse-Chor unter Günther Theuring und er war enorm wichtig für mich, weil dort die großen Chorwerke der Musikliteratur gesungen wurden. Aber genauso wichtig war das Mitwirken im Kammerchor der Musikhochschule, wo ich von Johannes Prinz unwahrscheinlich viel gelernt habe. Also ich kenne das Metier von der Pike auf und bin seit vielen Jahren selber Chorleiter.
 
Wenn Sie nicht für Chor schreiben, was ist dann Ihre bevorzugte Richtung?
Das hängt vom Auftrag ab. Mich reizt alles, vom Trio bis zum Orchesterwerk. Und ein schönes Lob kommt von den Musikern: „Das liegt gut, das ist fein zum Spielen.“
 
Fühlen Sie sich in der Umsetzung Ihrer Ideen einer bestimmten Richtung verpflichtet?
Das ist heute nicht sehr gefragt. Die Menschen wollen ein „Original“ mit eigenen Gedanken und Ideen. Ich will auch keine „zeitgenössische Musik“ schreiben, denn Zeitgenössisches veraltet und nichts ist öder als der Stil von gestern. Ich schreibe lieber „zeitlose Musik“ und meine, dass Töne eine Wahrheit offenbaren können, die nicht an Moden gebunden ist. Musik kann nach allgemein Gültigem suchen. Bach ist ein gutes Beispiel, auch Monteverdi.
 
Sie schreiben einiges auf Bestellung. Da hat Corona wohl manches Werk verhindert?
Ja, es ist traurig! Mir sind neun Aufführungen geplatzt. Darunter manche, die mich besonders schmerzen, wie die Uraufführung von „Silent Water“ mit dem Österreichischen Jugendauswahlchor unter Benjamin Lack oder die Festmesse für die vereinigten Chöre der Diözesen Feldkirch und St. Gallen. Das wären große Chancen gewesen, meine Werke weithin bekannt zu machen.
 
Hatten Sie während des Lockdowns auch eine besonders schöpferische Phase?
Ja, ich war ziemlich fleißig. Schöne Sachen sind entstanden, aber keine Corona-Musik – das ist nicht originell. Und was nachher? Soll man nach der Pandemie die Werke einstampfen? Ich finde, gute Werke dürfen sich nicht an der Tagespolitik orientieren, sie müssen mehr bieten, mehr abbilden, darüber hinausgehen.


Woran schreiben Sie derzeit?
Ich revidiere alte Werke und mache ganz bewusst wieder einmal nette kleine Stücke für nette kleine Chöre. Fritz Jurmann

THOMAS THURNHER

Geboren 1966 in Dornbirn

Ausbildung Studium Musikpädagogik Musikhochschule Wien, Komposition am Landeskonservatorium bei Herbert Willi, Abschluss mit Auszeichnung

Tätigkeit Lehrer für Musik am Bundesgymnasium Lustenau, Leiter des GV Harmonie Götzis, Organist

Werke Chorwerke, Kammermusik, Orgelmusik, Orchesterwerke; Aufführungen in Österreich, Süddeutschland und Liechtenstein, Kompositionsaufträge für div. Ensembles und Chöre

Auszeichnungen Förderpreis des Chorverband Vorarlberg

Familie verheiratet, drei Söhne