Erich Smodics weiß, wie Zeichnen das Denken schult

Erich Smodics feiert seinen 80er, will noch viele Werke schaffen und sich nicht mit Überflüssigem belasten.
Bregenz Der Zeichner, Grafiker, Maler, Modellbauer und Bildhauer Erich Smodics feiert am 4. Februar seinen 80. Geburtstag. Allgegenwärtig, umtriebig, hartnäckig und manchmal gar lästig in seiner Beharrlichkeit, Dinge zu verfolgen, ist Smodics ein Urgestein in der Vorarlberger Szene und bereitet aktuell die Ausstellung ”Lob der Hand”, zu sehen in seinem Atelier in der Innenstadt, vor.
Wie geht es Ihnen?
Gut, danke. Bis auf die Tatsache, dass die das Dach über meinem Atelier ausbauen und dabei unglaublichen Lärm machen. Ich hoffe, die werden fertig bis zu meiner Ausstellung.
Sie entrümpeln gerade radikal Ihr Atelier. Hat das mit Ihrem 80. Geburtstag zu tun?
Ich möchte zum einen, dass es eine saubere Hinterlassenschaft gibt, zum anderen habe ich vor, viele neue Werke zu schaffen. Ich will nicht belastet sein mit Dingen, die letztlich überflüssig sind. Ich brauche Platz, es muss aufgeräumt sein, sonst kann ich nicht anfangen mit den neuen Bildern.
Wann entstanden Ihre ersten Zeichnungen?
Mit 14. Wir waren ja ausgebombt, der Vater noch in der Gefangenschaft, und wurden nach dem Krieg bei einer Familie im Vorkloster untergebracht. Jedenfalls hatten die in ihrer Wohnung ein Bild vom Gebhardsberg in einem schönen schwarzen Rahmen. Später habe ich mir gedacht, das kann doch nicht sein, dass diese Leute so ein Bild haben und wir haben gar nichts. Irgendwie habe ich mir Farben besorgt und dann selber Bilder gemalt. Als Vorlagen hatte ich Postkarten von Van Gogh, Turner usw., fünf verschiedene Motive, die habe ich heute noch in einer Schachtel im Atelier. Das Kopieren ging mir gut von der Hand, und wir hatten alles voller Bilder. Später, als ich 18 war, hatten wir keinen Fotoapparat, deshalb habe ich unseren Besuch immer gezeichnet, zur Erinnerung. Sogar zum Militär habe ich meine Malutensilien mitgenommen und meine Kameraden in sitzenden und liegenden Stellungen gezeichnet.

Waren Ihre Eltern auch kreativ?
Mein Vater war Tischler, meine Mutter hat immer viel gezeichnet und gebastelt. Die Tochter ihrer Schwester ging 1945 nach dem Krieg auf die Akademie für Angewandte Kunst in Wien, musste diese aber aus Hungersnot verlassen. Aber sie hat ihr Leben lang gemalt.
Wo war Ihr erstes Atelier?
Vis a vis der Mariahilfkirche in einem Baulager der Firma Erath. Ich hatte mir dort nach meinem Militärdienst, als ich 20 war, ein Zimmer hergerichtet.
Haben Sie jetzt mit 80 das Gefühl altersweise zu sein?
Reden wir lieber von „Altersblödheit“. Ich bin nicht mehr so „multitasking“. Ich mache jetzt immer nur eine Sache. Ich glaube, dass die Konzentration für das eine Werk nicht so groß ist, wenn man nebenbei noch an anderen Dingen arbeitet. Wenn ich jetzt aber genauso arbeiten würde wie früher, wäre das ein Fall von „Altersblödheit“.
Gibt es etwas, dass Sie in Ihrem künstlerischen Dasein bereut haben?
Ja tatsächlich. Ich habe zu wenige Skulpturen gemacht. Das war allerdings der Tatsache geschuldet, dass ich immer beengte Verhältnisse hatte. Ich besaß nie ein Depot.
Was für Eigenschaften und Fertigkeiten braucht man als Künstler Ihrer Meinung nach?
Ein Künstler sollte nicht jede Idee ausführen, weil es meistens zu nichts führt. Es fällt uns sehr viel ein, aber wenn man alles macht, bewährt es sich nicht. Ein Bild entsteht nicht, weil ich es mir ausdenke, sondern ein Bild wächst.
Was würden Sie jungen Kollegen raten, die am Anfang ihrer Karriere stehen?
Sie sollen zeichnen so viel sie können, überall zeichnen und üben, so viel wie möglich. Man übt die Denkweise, nicht nur die Hand. Wenn ich als Künstler ein Modell habe, denkt man wie man es malen könnte, aber letztlich malt man nicht so. Wenn man aber viel zeichnet, verselbstständigt sich die Denkweise irgendwann. Und man muss alles, was einen bewegt, ganz genau anschauen, immer.
Jede Zeichnung, die nicht frei gemacht ist, ist eine Fälschung. Wenn ich ein Foto abmale, ist es eine Fälschung des Fotos. Ich male ausschließlich Modelle.
Irgendwann gab es nur noch die menschliche Figur. Was fasziniert Sie am Akt?
Mich interessiert die Architektur unseres Körperbaus. Die Verhältnisse der Körperteile und dass wir beweglich sind, was immer neue Formen ergibt. Und dass sich in der Körperhaltung auch Gemütszustände ausdrücken.
Was haben Sie nach Ihrem 80er geplant?
Als Erstes male ich ein neues Körperkreuz. Seit Corona bin auch ich etwas in den Müßiggang gefallen. Aber der Stillstand tut mir gut. Und ich bereite meine Ausstellung „Lob der Hand“ vor.
Haben Sie zumindest eine kleine Feier geplant?
Im März kommt mein Galerist aus Frankfurt, der einen Tag nach mir Geburtstag hat, auf Besuch. Wir beide machen dann einen netten Herrenabend. So ist das geplant – wenn alles gut läuft mit Corona. Yasmin Ritter
Zur Person
Erich Smodics
Geboren 1941 in Bregenz
Ausbildung Ausbildung zum Formstecher, Rapportierer, Textilzeichner und -designer
Laufbahn Gründungsmitglied des „Bregenzer Kreises“ mit Kresser und Zündel, Lehrtätigkeit bei den Segmenten Hohenems, Mitbegründer der Kupferdruckwerkstätte in Bregenz, Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland
Auszeichnungen Vorarlberger Kunstförderungspreis 1978
Wohnort Bregenz
