Gestalten, nicht aussitzen

Künstler warten nicht nur auf die Öffnung, sie haben längst Krisenkonzepte erarbeitet.
Bregenz, Feldkirch Klaus Christa war einer der Ersten, der aufgetreten ist, als es im letzten Jahr zwar noch keine Kulturveranstaltungen wie man sie zuvor kannte geben durfte, aber als Live-Musik unter freiem Himmel bei entsprechenden Abständen nicht mehr untersagt werden konnte. Das Publikum war ihm dankbar. Dem „materialistischen Zugang zum Phänomen Mensch“, den die Politik in Österreich vertritt, wollte er mit einer Haltung entgegentreten, die den Menschen als seelisches Wesen wahrnimmt, das Fragen nach dem Guten im Leben stellt, wodurch Kunst und Philosophie eine zentrale Rolle spielen.
Erst vor wenigen Tagen ist Klaus Christa, selbst Musiker und Veranstalter der Reihe „Musik in der Pforte“, mit seinem Ensemble in Luxemburg aufgetreten. Dort befindet man sich zur Eindämmung der Coronapandemie zwar auch in einem Lockdown, aber, wie berichtet, sind kulturelle Aufführungen mit einigen Auflagen und mit Besucherbeschränkungen erlaubt, während Restaurants vorerst noch geschlossen bleiben. Denn man vertraut auf strikte Präventionskonzepte, die Kulturschaffende erarbeitet haben und die weit über das hinausgehen, was hierzulande beispielsweise bei einem Einkauf verlangt wird.
Nicht nur die Gastro
„Wir haben in dieser Pandemie viel gelernt, aber wir können es noch nicht einsetzen“, fasst die bekannte Theatermacherin Brigitte Walk den momentanen Stand der Dinge zusammen. Während Mitglieder der Landesregierung mit dem Bund über Öffnungsschritte verhandeln, die Vorarlberg als Pilotregion ausweisen, hat man bereits Vorschläge in der Mappe, wie die wichtige Kulturarbeit an der Basis aussehen könnte. Etwa als leicht zugängliche Darbietung, die kontaktlos abläuft, den Besuchern aber die Auseinandersetzung mit Literatur und Musik in einer die Reflexion fördernden Art ermöglicht, die digitale Projekte nicht bieten können. Was die Verhandlungen betrifft, die am Montagabend noch nicht zu präsentierbaren Ergebnissen führten, betonte etwa Winfried Nussbaummüller, Leiter der Kulturabteilung im Amt der Landesregierung, im Gespräch mit den VN, dass sie die Kultur definitiv beinhalten. Auch wenn die Gastro immer zuerst genannt werde, sei es keine Frage, dass es auch um Öffnungsschritte in der Kultur geht.
Unflexibilität greift sich Raum
Den Vorarlberger Weg hatte Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink gegenüber den VN damit definiert, dass es nun darum gehe, Lockerungen nicht nur am Inzidenzwert festzumachen und nicht im Lockdown zu verharren, sondern „verantwortungsbewusst“ zu testen, zu impfen und zu beginnen mit dem Virus zu leben. Mit dem Motto „Krisen nicht aussitzen, sondern sie gestalten“ entspricht Brigitte Walk mit Vorschlägen, die sie mit Kollegen entwickelte, diesem Weg. Kulturveranstaltungen zu ermöglichen, heiße ja nicht, dass alle Türen offen sind. Als Präventionsmaßnahme alles auszuknipsen, sei hingegen in der Tat nicht einfallsreich. „Wir verdienen nichts, wir haben uns aber auch nicht verkrochen, sondern uns Projekte überlegt.“ Walk erwähnt Aufführungen im freien Raum, die man schon nach dem ersten Lockdown angeboten hatte und die man ausbauen kann. Auch für Indoor-Aufführungen vor einer geringen Publikumszahl gäbe es Lösungen. Die Pandemie habe den Künstlern nicht nur deutlich gezeigt, wo es Defizite gibt und dass Kultur in Österreich ganz nach hinten gereiht wird, sondern dass sich auch Unflexibilität Raum greift.
„Wir haben in der Pandemie viel gelernt, aber wir dürfen es nicht einsetzen.“

Kreativ: Erstes Konzert nach dem Lockdown.
