Da wurde der müdeste Maskenträger munter

Kultur / 17.05.2021 • 18:30 Uhr
Da wurde der müdeste Maskenträger munter
Feldkirch am 15.05.2021 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert im Montforthaus, Dirigent Nicholas Milton, Pianist Aaron Pilsan, Bruckners 6. Symphonie

Der Auftritt des Symphonieorchesters Vorarlberg mit dem Pianisten Aaron Pilsan hatte verschiedene Facetten.

Götzis Mit Mozart und Beethoven auf dem Programm wollte das Symphonieorchester Vorarlberg dem Publikum am Wochenende offenbar ein Wohlfühl-Klassikbad zur Erholung der virusgeplagten Seelen bieten. Mozarts Klavierkonzert in F-Dur, KV 459, zur Eröffnung erwies sich als nicht ganz unproblematische Wahl. Mit dem international tätigen Vorarlberger Aaron Pilsan saß zwar ein exzellenter Pianist am Steinway, doch gerade in diesem Konzert setzt Mozart gerne die Holzbläser in melodieführender Funktion ein, sodass das Klavier oft nur begleitende Funktion hat. Das einleitende Marschthema kam zwar spritzig und leicht vom Orchester, Pilsan setzte mit elegantem Anschlag ein, doch wirkte der ganze Satz gedämpft. Das Quäntchen Übermut – das, was Mozart so charmant, aber auch so schwierig macht, war nicht zu spüren.

Im Allegretto mit seiner Molltrübung fielen wieder die klangschönen Holzbläser auf, Solist und Orchester phrasierten fein und sehnsüchtig. Doch erst im Finalsatz mit den akzentuierten Fugatostellen kam wirklich Spielfreude auf, riss der Pianist mit seinem Schwung alle mit. Als Zugabe spielte er das bekannte alla turca-Rondo aus KV 331, wobei er das Tschinellenpedal (das es auf Biedermeierflügeln gab) durch eine echte Tschinelle ersetzte, die er mit dem linken Fuß schlug. Der Australier Nicholas Milton dirigierte kapellmeisterlich solide, aber nicht mehr.

Der Dirigent als Raubtierdompteur

Das änderte sich beim zweiten Werk des Abends, Beethovens „Eroica“. Hier gelang ihm mit dem SOV eine überzeugende, die Tiefen des Werkes auslotende und große Bögen hörbar machende Interpretation, was bei der knappen Probenzeit umso bemerkenswerter ist. In zügigem, aber nicht im heute so beliebten, extrem schnellen Tempo ließ das Allegro con brio mit seinen mitreißenden Steigerungen etwas vom Geist Napoleons ahnen, dessen 200. Todestag gerade begangen wurde. Der tragische Duktus des Trauermarsches, zu dem sich der Dirigent Hans von Bülow noch schwarze Handschuhe überzog, gelang auch ohne dieses Requisit eindrücklich. Im kleinteiligen Scherzo überzeugten die Streicher mit präzisem Staccato im piano, im Kontrast zum mächtigen Forte mit knallenden Pauken und den bravourös und klangschön spielenden drei Hörnern im Trio. Im Finale schließlich, von den aufeinander antwortenden Stimmgruppen bis zur temperamentvollen, ausgelassenen Volksfeststimmung, wandelte sich der Dirigent vom Kapellmeister zum Raubtierdompteur. Die Stretta machte noch den müdesten Maskenträger im Publikum wieder munter und entließ alle erfrischt und energiegeladen in die letzten strengen Corona-Auflagen-Tage. Ulrike Längle

Das Konzert fand noch unter strengen Corona-Auflagen statt. Ab 19. Mai ist wieder mehr Publikum zugelassen. <span class="copyright">SOV/Mathis</span>
Das Konzert fand noch unter strengen Corona-Auflagen statt. Ab 19. Mai ist wieder mehr Publikum zugelassen. SOV/Mathis

Weitere Konzerte des Symphonieorchesters Vorarlberg am 18., 19. und 20. Juni im Montforthaus in Feldkirch unter Leo McFall mit der 6. Symphonie von Bruckner.