Mitreißende Matinee des Internationalen Blasmusikcamps der Festspiele

BREGENZ Unglaublich, was unsere Blasmusik-Jugend alles zustande bringt, wenn nur die rechten Leute am Werk sind und Institutionen wie die Bregenzer Festspiele und der Vorarlberger Blasmusikverband, die die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Auch bei der gestrigen Matinee im so gut wie ausverkauften Festspielhaus kam man „aus dem Staunen nicht heraus“, um die Biografie der gerade in Bregenz weilenden Sangeslegende Brigitte Fassbaender zu zitieren, was da als Ergebnis des bereits fünften „Internationalen Blasmusikcamps“ („IBC“) in einem strahlenden Feuerwerk der Blasmusik präsentiert wurde.

Christoph Indrist, der initiative Jugendreferent des Blasmusikverbandes, hat dieses Projekt 2013 begründet und betreut es bis heute im Zwei-Jahres-Rhythmus gemeinsam mit Landesobmann Wolfram Baldauf. Es geht um eine Art Crash-Kurs in Sachen Blasmusik, also eine Intensivwoche, bei der 76 junge, bestausgebildete Blasmusiker aus Österreich und der Bodenseeregion gemeinsam mit zehn Wiener Symphonikern als Dozenten ein Programm einstudieren, das höchsten Anforderungen gerecht wird. Dass die Youngsters all das innerhalb einer Woche aus dem ff beherrschen und es dann im Finale auch gar nicht mehr nach Blasmusik im herkömmlichen Sinne klingt, sondern vielmehr orchestral, weil es sich nämlich um „symphonische Blasmusik“ handelt, ist eines jener kleinen Wunder, die Symphoniker-Paukist Martin Kerschbaum (60) in seinem Nebenjob als scheinbar ewig junger, von allen geliebter Strahlemann am Dirigentenpult auch diesmal wieder locker aus dem Ärmel schüttelt. Weil bei ihm eben Begriffe wie Konzentration, Kompaktheit und Klangkultur auch in der Blasmusik großgeschrieben werden und er das gekonnt zu vermitteln versteht. Womit ihm auch vom Repertoire her in Bezug auf Stilistik und Anpassungsfähigkeit kaum Grenzen gesetzt sind und er ohne Bedenken seine Truppe mit größter Ruhe auf bläserische Höhenflüge entsendet, wie man sie nicht für möglich gehalten hätte.

Ein feierliches Bild ergibt das 80-köpfige Orchester auf der prall besetzten Bühne; Dozenten und Absolventen dicht an dicht, zwischen 13 und 70 Jahren. Das Programm „Brass eroico“ ist letztlich weniger heldisch als sein Titel, aber es bezieht sich wie ein aufgeblähtes „Musik & Poesie“ auch auf andere Programmpunkte im diesjährigen Festspielprogramm. Das sind zuvorderst die beiden Opern im Haus und am See, „Nero“ und „Rigoletto“, und vor allem Letzterer klingt auch in diesem brillanten Arrangement noch sehr nach Verdi. Restbestände vom abgesagten Konzert im Vorjahr, als es Beethovens 250. Geburtstag zu feiern galt, sind auch heute von zeitloser Gültigkeit: der „York‘sche Marsch“ mit ordentlich preussischem Drill und der unverwüstliche „Götterfunken“. An Originalwerken für symphonische Blasorchesterbesetzung steht die effektvolle fanfarenartige „Symphonic Ouverture“ des Amerikaners James Barnes, der mit Rhythmen und Farben spielt, den schön ausgearbeiteten Armenischen Volkstänzen des Blasmusik-Gurus Alfred Reed gegenüber. Besondere Aufmerksamkeit erregt die interessante „Intrada Jubilo“ des Tirolers Martin Rainer, der als Symphoniker derzeit in Bregenz weilt.

Neben diesen quasi Pflichtstücken kommt in der Kür auch der gute, alte Swing zum Tragen. Neben einem Glenn-Miller-Medley schießt dabei ein umwerfend arrangiertes Potpourri mit Evergreens von Benny Goodman im Minutentakt den Vogel ab. Da laufen die Musiker zur Höchstform auf, gerade weil man ihnen doch zuletzt das Musizieren so lange vorenthalten hat. Bei solch zwingender Rhythmik ist es für die Zuhörer schwer, ruhig sitzen zu bleiben, , wie das auch Bettina Barnay (inzwischen beim „Montagsforum“) augenzwinkernd erkennt. Sie moderiert diese Matinee, als würde sie einem bei einer Tasse Kaffee etwas erzählen, und trägt durch diese Natürlichkeit sehr zur guten Stimmung im Saal bei. Fritz Jurmann

Rundfunkwiedergabe 13. September, 21.05 Uhr, Radio Vorarlberg