Das Orgellastige hätte bleiben sollen

„Wind“ von Alexander Moosbrugger erweist sich in Teilbereichen als faszinierend.
Bregenz So wie die Oper „Nero“ oder die Schauspielproduktion „Michael Kohlhaas“ war auch die Uraufführung der Oper „Wind“ des Vorarlberger Komponisten Alexander Moosbrugger für das Jahr 2020 vorgesehen. Seitdem bzw. aufgrund der pandemiebedingten Verschiebung hat das Team am Projekt weitergearbeitet, das sich ursprünglich, wie Moosbrugger in einem VN-Gespräch erwähnte, wesentlich orgellastiger ausnahm. Die nun erfolgte Festspieluraufführung verdeutlichte, dass man gut beraten ist, wenn man ein Stück in der Urfassung belässt, was man in erster Linie vermisste, ist nämlich die Orgel.
Dabei ist sie bestens präsent. Das vom Vorarlberger Unternehmen Rieger eigens gebaute Instrument füllt bzw. begrenzt den Raum auf der Bregenzer Werkstattbühne, wo die 172 Pfeifen auf einzelnen Inseln auf und ab gleiten (was hilft, den titelgebenden und auch notwendigen Wind zu erzeugen) oder aufgrund der Größe gänzlich im Hintergrund bleiben. Die Optik im weißen Raum, in dem Sitzstufen für das Publikum vorgesehen sind, ist beeindruckend, die Akustik steht daneben etwas zu sehr im Schatten. Dass Tonschwingungen und Mikrotonalität im Zentrum des Schaffens von Alexander Moosbrugger stehen, ist bekannt und wird auch hier faszinierend erfahrbar. Der über diesen Aspekt hinausreichende Vokalpart ist aufs Schönste ausgeführt und findet vor allem durch Hanna Herfurtner (Polia) und Hagen Matzeit (Poliphilo) sowie Juliane Dennert, Barbara Ostertag und Luciano Lodi hervorragende Interpreten. Man spitzt die Ohren, hofft, dass die Sequenz länger hörbar bleibt und muss zur Kenntnis nehmen, dass „Wind“ zwar eineinhalb Stunden dauert, dass das Werk im Gesamten aber sehr verschachtelt wurde. Die Basis, der Renaissance-Roman „Hypnerotomachia Poliphili“, ist für jene greifbar, die den Text mit einem Liebes-Kampf-Traum, Einschüben über Architektur, Gärten und Philosophie gelesen haben, verständlich sind die Wörter und Sätze nur bruchstückhaft.
Eine Option
So gleitet man gedanklich dahin im weißen Raum, in dessen Mitte die Figuren schreiten, das Quatuor Diotima Aufstellung nimmt und der ab und zu verdunkelt wird, um mit Projektionen Assoziationen zur Bebilderung des Werks zu wecken. Flaka Haliti war als Künstlerin an dieser Raumgestaltung beteiligt, Leonora Scheib hat die szenische Einrichtung abgerundet. Das Publikum spendete viel Applaus. Am Samstag findet eine weitere Aufführung statt. Den Orgelpart und die Stimmen einmal pur zu hören – gerne unter der musikalischen Leitung von Michael Wendeberg -, wäre eine Option, die vermutlich viel Zustimmung findet. VN-cd