Trotz Leistungsdruck locker bleiben

Kultur / 14.10.2021 • 19:59 Uhr
David Kopp spielt mit viel Energie den Fußballer Philip.
David Kopp spielt mit viel Energie den Fußballer Philip.

„Schwalbenkönig“ ist ein starkes Klassenzimmerstück, in dem sich fast alles um Fußball dreht.

Dornbirn Wer nicht mehr 13 bis 15 Jahre alt ist und die Wochenenden – passiv oder aktiv – nicht mit dem runden Leder verbringt, der sitzt wahrscheinlich erst einmal auf der Leitung. Zumindest was den Titel des Stücks, nämlich „Schwalbenkönig“ von Stefan Hornbach betrifft. Am Donnerstagvormittag im BORG Dornbirn-Schoren sind das eher jene in der hinteren Reihe, also einige der Erwachsenen. Vorne dürfte absolut klar sein, was eine Schwalbe ist. Bei der anschließenden Frage, wer Fußball spielt, zeigen nämlich fast alle Schüler auf und die kennen die Schwalbe, also das Vortäuschen eines Fouls, indem man sich fallen lässt, um für die eigene Mannschaft einen Freistoß zugesprochen zu bekommen.

Im neuen Klassenzimmerstück des Vorarlberger Landestheaters geht es somit um den Fußballsport, konkret aber um den Leistungsdruck, das widerspruchslose Akzeptieren einer hierarchischen Ordnung, die besagt, dass dem Willen des Trainers Folge zu leisten ist, es geht um das Konkurrenzdenken und nicht zuletzt auch um ein Rollenverständnis, nachdem ein Mann ein durchtrainiertes Kraftpaket zu sein hat, das möglichst keinen Schmerz kennt und dessen sexuelle Orientierung der Alloiophilie entspricht, und zwar ausschließlich dieser. Sprich: Homosexuelle Neigungen sind zu unterdrücken, zu vertuschen bzw. finden bei Fußballern nicht statt.

Gut gemacht

Es ist ziemlich viel, was Stefan Hornbach da in ein an sich durch und durch amüsantes Stück zu packen hat, das im besten Fall bei den Schülerinnen und Schülern gar nicht als solches erkannt wird. Hier kommt die Retourkutsche zur Schwalbe, denn auch in Dornbirn war vielen der jungen Zuschauer nicht klar, dass jener Philip, der da vorne von den harten Jahren im Nachwuchsleistungszentrum und der anschließenden Karriere erzählt, gar kein Fußballer, sondern ein Schauspieler ist. Gut gemacht von David Kopp, der mit großer Lockerheit in die Geschichte einsteigt und sein Publikum bestens im Blick hat und gut entschieden von Regisseurin Agnes Kitzler, dass sie kleine Scherzchen wie das Auffordern der Schüler, eine Strichliste mit seinen Ähs zu führen, nicht aus der Textvorlage gestrichen hat.

So nimmt die Erzählung also ihren Lauf, wird ungemein dicht, wenn es um die Strapazen und das harte Aussiebeverfahren geht, hat viel Humor, wenn die Sprache auch einmal flapsig sein darf, wird so unterhaltend wie berührend, wenn einer der Zuschauer zu einem Liegestützenduell aufgefordert wird und wird sehr ernst, wenn der unmenschliche Drill verdeutlicht wird oder die Tatsache, dass der begabteste Schüler aufgrund seiner sexuellen Orientierung ausscheidet. Kopp taktet die Erzählung spannend durch, erfährt sofort die volle Aufmerksamkeit, reagiert spontan auf Vorgänge außerhalb des verglasten Aufführungszimmers und bringt viel Energie in den Raum. Zum gut zu beobachtenden Mechanismus gesellt sich für die Erwachsenen auch die Erkenntnis, dass die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, das, wovon dieser Philip erzählt, auch auf die eigene Situation umzumünzen, dass es auch außerhalb eines Fußballfeldes oder Trainingszentrums gilt. Auf den Leistungsdruck in der Schule beispielsweise, auf die Tatsache, dass die Phase, in der man sich in einem Beruf zu bewähren hat, naht.

Herausfordernd

In die Nachbearbeitung einer solchen Aufführung ließe sich auch die Frage nach der Wertigkeit von Empathie und dem eigenen Wohlbefinden einbauen. Das Stück fordert zu solcher Fragestellung heraus und ist deshalb auch für ein Publikum in Schulen geeignet, in denen Sport gar nicht so groß geschrieben wird.

Die Premiere des Stücks „Schwalbenkönig“ fand am Donnerstag statt.vLT
Die Premiere des Stücks „Schwalbenkönig“ fand am Donnerstag statt.vLT

Aufführungen vorerst ausschließlich in Schulen, die das Vorarlberger Landestheater besucht: www.landestheater.org