Von Mode und Widerstand

Kultur / 10.06.2022 • 17:18 Uhr

Christian und Catherine Dior, eine besondere Geschwisterliebe.

sachbuch Christian Dior ist eine Legende. Nach düsteren Kriegsjahren revolutionierte er die Mode mit seinem New Look. Bis heute steht der Name Dior für Eleganz und Pariser Chic. Neben Abendroben, Cocktailkleidern und Kostümen kreierte der Modeschöpfer auch ein Parfüm mit Rosenduft, dem er den Namen „Miss Dior“ gab. Was kaum einer weiß: Dieses Parfüm war seiner Lieblingsschwester Catherine (1917-2008) gewidmet, die ein ebenso heroisches wie grausames Schicksal hatte.

Während der deutschen Besatzungszeit schloss sich Catherine Dior der Résistance an. Sie wurde 1944 von der Gestapo verhaftet und in das KZ Ravensbrück verschleppt.  Wie durch ein Wunder überlebte sie diese Tortur, über die sie später kaum ein Wort mehr verlor. Auch ihr berühmter Bruder sprach die Vergangenheit nicht an. So blieb ihre tragische Geschichte größtenteils verborgen, bis die Journalistin Justine Picardie auf ihren Namen stieß. Entstanden ist so ein akribisch recherchiertes, aber mit feuilletonistischer Eleganz verfasstes Sachbuch, das den eigentlich fast unmöglichen Spagat zwischen Haute Couture und Pariser Gesellschaftsleben sowie Gestapo und Konzentrationslager eindrucksvoll bewältigt. Die Leser begleiten die Autorin hautnah bei ihren aufwendigen Recherchereisen durch Frankreich und Deutschland zu verschwiegenen Landsitzen und eleganten Modesalons, aber auch zu bedrückenden Gedenkstätten und historischen Archiven.

Willensstark

Catherine Dior, eine willensstarke und couragierte, aber auch sehr zurückhaltende Person, hat kaum etwas über ihr Leben hinterlassen. Die Autorin musste sich alles indirekt erschließen, etwa über Berichte von Zeitzeugen. Als Agentin Caro hatte sie den Auftrag, Informationen über die Bewegungen deutscher Truppen zu sammeln und weiterzugeben. Diese Undercover-Tätigkeit war extrem gefährlich. Von den ca. 2000 Agenten und Agentinnen wurden 900 im Laufe der Zeit verhaftet, deportiert und ermordet. Als Catherine Dior Ende Mai 1945 aus dem KZ nach Paris zurückkam und ihr Bruder sie überglücklich in Empfang nahm, erkannte er sie kaum wieder.

Ihr zweites Leben verbrachte sie als  Rosenzüchterin in Südfrankreich. Justine Picardies Buch ist nicht nur ein eindrucksvolles historisches Dokument, sondern auch eine wunderschöne Hommage an eine Geschwisterliebe in katastrophalen Zeiten.