Wo es um Leben oder Tod ging
Hundert Kilometer langer Hörweg mit Fluchtgeschichten vor der Realisierung.
Hohenems Es ist das wohl größte der vielen Projekte, die das Jüdische Museum Hohenems mit seinem Direktor Hanno Loewy je konzipiert und zur Umsetzung gebracht hat. Es ist eines, das viele Menschen erreicht und eines, das verdeutlicht, dass sich Vertreibung, Flucht und Ermordung in den Jahren des nationalsozialistischen Regimes zwischen 1938 und 1945 in unmittelbarer Umgebung zutrugen und Tausende Personen betroffen haben: Wie die VN berichteten, werden zwischen dem Bodensee und der Silvretta bzw. zwischen Bregenz und Partenen, das heißt vor allem an der Radroute Nr. 1 insgesamt 52 Hörstationen in Form von grenzsteinähnlichen Skulpturen angebracht. Mit der Installierung der Hör- und Gedenksteine, von denen einige auch in der Schweiz positioniert sind, wurde nun am Montag begonnen. Am 3. Juli ist die offizielle Eröffnung des Hörwegs geplant, für dessen Errichtung das Jüdische Museum zahlreiche Kooperationspartner (Städte und Gemeinden in Vorarlberg und der Schweiz sowie Tourismuseinrichtungen und Kulturvermittler) gewinnen konnte.
Die Handhabung bzw. der Weg zu den Geschichten ist leicht nachzuvollziehen. An den mit den Namen von Opfern (zumeist der Judenverfolgung und -vernichtung), Fluchthelfern und weiteren Personen versehenen Steinen sind QR-Codes angebracht, die ein Abhören der Geschichten per iPhone bzw. iPad ermöglichen. Die Geschichten selbst basieren auf Recherchen von Historikern, die zahlreiche Verhörprotokolle und Zeitzeugenberichte auswerteten, und wurden von Schriftstellern und Rezitatoren so aufbereitet, dass man zum Teil deren Erzählungen lauschen kann, mitunter aber auch mit Hörspielen konfrontiert wird.
Ernüchternde Schicksale
Es ist von Personen zu erfahren, denen die Flucht in die Schweiz – oft mit Hilfe empathischer, couragierter Mitmenschen – gelang, erzählt wird aber auch von Opfern, also Erschießungen und Festnahmen mit anschließender Deportation in ein Konzentrationslager. Dazu kommt, dass das Gelingen der Flucht in die Schweiz bzw. über den Alten Rhein oft noch nicht die Rettung bedeutete. So schaffte es beispielsweise eine Frau aus Krefeld, der Deportation zu entkommen. Als Ausgebombte fand sie Arbeit im Montafon. Die Flucht in die Schweiz gelang, doch der Aufenthalt war damit alles andere als gesichert.
Die offizielle Eröffnung des Hörwegs erfolgt am 3. Juli. Eine Publikation ist geplant. Tourenkarten werden aufgelegt.