Wirbel um Sanitäter-Umfrage: “Vergleich von Äpfeln, Birnen und Zwetschken”

Rotes Kreuz widerspricht Kritik. Deutschland und die Schweiz verfügten über komplett andere Systeme.
Feldkirch Es handelt sich um eine Umfrage unter Vorarlbergs Sanitäterinnen und Sanitätern, die einiges an Sprengkraft bereithält. Denn das Ergebnis zeigt an vielen Stellen Handlungsbedarf im Rettungswesen auf, sei es etwa bei der Ausrüstung, der Ausbildung oder den medizinischen Möglichkeiten, die VN berichteten. Das Rote Kreuz kann die Befunde nicht nachvollziehen, im Gegenteil. Geschäftsführerin Janine Gozzi verweist auf ein dichtes Versorgungssystem im Land und hält insbesondere den Vergleich mit Deutschland und der Schweiz, den die Studienautoren anstellten, für unzulässig: Gesundheitssysteme, Struktur, Finanzierung und Organisation würden sich deutlich voneinander unterscheiden. “Man kann nicht Äpfel mit Birnen und Zwetschken vergleichen.”
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Die Umfrage setzt sich damit auseinander, wie es den Sanitäterinnen und Sanitätern im Land geht. Der Vorarlberger Marcel Hagen, seit vielen Jahren als Sanitäter in Deutschland tätig, hat die Befragung, an der 127 Personen teilnahmen, gemeinsam mit Florian Zahorka vom Bundesverband Rettungsdienst BVRD konzipiert. Das drastische Urteil von Zahorka, der auch an der Ostschweizer Fachhochschule OST forscht: “Aktuell fahren wir definitiv an die Wand.”
Sanitäter melden sich zu Wort
Nach dem VN-Bericht erreichten einige Mails von Menschen, die eigenen Angaben zufolge im Rettungsdienst tätig sind, die Redaktion. Manche stimmten den Ergebnissen der Umfrage zu, aber auch kritische Reaktionen waren darunter. “Ich hoffe auf eine Reform des Rettungswesens”, sagt zum Beispiel ein Leser und verweist auf das Vorbild Schweiz. Ein anderer stellt klar: “Es mag sein, dass es im Rettungswesen ganz allgemein einiges an Verbesserungen bedarf, aber von einem ‚An die Wand fahren‘ sind wir weit entfernt.”
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Bei der Befragung kam unter anderem heraus, dass es an Ausstattung mangelt. Ein Beispiel: Viele Tragen verfügen im Unterschied etwa zu Deutschland über keine hydraulische Unterstützung. Rotes Kreuz-Geschäftsführerin Gozzi sagt im VN-Gespräch, dass die Umstellung auf elektrische Tragen in Vorarlberg bereits begonnen habe. “Das Projekt läuft und wird ausgeweitet.” In Sachen Ausrüstung betont sie: “Wir haben top ausgestattete Fahrzeuge, die technisch auf sehr hohem Niveau sind.”
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Auf das Spital ausgerichtet
Ein anderer Kritikpunkt betrifft die Möglichkeiten, die Sanitäterinnen und Sanitäter vor Ort haben. Den Studienautoren zufolge ist das Rettungswesen in Vorarlberg komplett auf das Krankenhaus ausgerichtet, andere Ansprechpartner fehlen. Außerdem dürfen Rettungskräfte im Land, im Unterschied etwa zu Niederösterreich, nur leichte Schmerzmittel geben. Darüber hinaus sollte es den Autoren zufolge auch eine dreijährige Ausbildung geben, die in mehr Kompetenzen mündet. Gozzi unterstreicht, dass Vorarlberg über ein sehr dichtes Versorgungsnetzwerk verfüge, bestehend aus elf Rettungsstützpunkten und fünf Notarztstützpunkten. Das Land sei zudem an das Telenotarzt-System aus Niederösterreich angebunden. Start war im Bregenzerwald. Dies entlaste die Spitäler. Die Geschäftsführerin erläutert, dass die Distanzen, welche die Sanitäter in Vorarlberg zurücklegen müssen, wesentlich geringer sind als in Niederösterreich. Deshalb würden auch leichtere Schmerzmittel verabreicht.

Die Geschäftsführerin des Roten Kreuzes ärgert sich besonders über die Vergleiche mit Deutschland und der Schweiz. Österreich verfüge über einen sehr hohen Anteil von Ehrenamtlichen, viel höher als in den anderen beiden Ländern. Insgesamt sind Gozzis Angaben zufolge beim Roten Kreuz Vorarlberg rund 1200 zertifizierte Rettungs- und Notfallsanitäter tätig. Davon sind 180 beruflich, 230 als Zivildiener im Einsatz. Die Übrigen sind Ehrenamtliche. Mit Blick auf den Ruf auch nach einer dreijährigen Ausbildung thematisiert die Geschäftsführerin diesen Umstand. “Man darf in Österreich die Frage nicht außer Acht lassen, wie das Ehrenamt integriert werden kann.”