Nur ein Hauch von Klang

Das Festival „Klassik Krumbach“ wurde am Sonntag mit einer speziellen Matinee finalisiert.
KRUMBACH Was am Samstag beim kleinen, aber äußerst delikaten jungen Festival „Klassik Krumbach“ vielversprechend aufhorchen ließ (die VN berichteten), wurde in der schon traditionellen Sonntagsmatinee in der heimeligen Pfarrkirche des Ortes nahtlos und auf hohem kammermusikalischen Niveau zu Ende geführt.
Es ist ja allein eine bewundernswerte logistische Leistung, dass sich hier auf kleinstem Raum Jahr für Jahr jeweils international gefragte absolute Topleute verschiedener Herkunft zu wechselnden Besetzungen zusammenfinden. Auch bei den beiden Gründern und Intendanten, dem angehenden Wiener Philharmoniker Alex Ladstätter an der Klarinette und seiner im Tonkünstlerorchester und anderweitig verpflichteten Schwester, der Geigerin Natalia Sagmeister, wird diese Koordination jedes Mal zum spannenden Puzzle.
Doch über aller gelungenen Organisation, die auch diesmal spürbar genügend Zeit für eine intensive, gelöste Probenarbeit gelassen hat, steht die Kunst, zunächst die Kunst der sorgfältigen Programmgestaltung, um verschiedenen Ansprüchen des Publikums gerecht zu werden. Dies geschieht diesmal haarscharf an der Kante zwischen den Vorgaben einer gemütlichen Matinee und einem Bildungshappen dazwischen, der sich wider Erwarten prompt als Publikumshit entpuppt. Es ist das Klarinettenquartett (1993) des polnischen Komponisten Kzysztof Penderecki, dessen Namensnennung allein seiner angeblichen Modernität wegen beim normal gestrickten Konzertbesucher Fluchtreflexe auslöst.

Alles halb so schlimm, finden die Zuhörer in der Pause, nachdem sie sich auf die Besonderheiten und herben Schönheiten dieses Werkes eingelassen haben. Die vier Musiker, durch die beiden Brüder Georgy und Alexander Kovalev an Viola und Violoncello zum perfekt gerundeten Streichtrio plus Klarinette ergänzt, loten die Spannungsfelder dieser auf das Notwendigste skelettierten Musik im Geiste Schuberts bis zur Neige aus, legen ein Pianissmo hin, das gerade noch ein Hauch von Klang ist, aber bis in die letzte Bankreihe hörbar. Ein Stück inwendiger, nach wie vor Neuer Musik von umwerfender Intensität und Komplexität, das wohl niemanden kaltlässt. Danke für diese Begegnung!
Eingebettet ist dieses zentrale Werk in klassisch-romantisches Standard-Repertoire, freilich mit viel Wärme und glänzendem Aufeinander-Eingehen dargeboten. Da bildet Robert Schumanns berühmtes Adagio und Allegro As-Dur den idealen Aufwecker, bei Hornisten gefürchtet seiner schmetternden Attacken und seines Volumens in der Tiefe wegen. Keineswegs, auch an einem Vormittag, ein wirkliches Problem für den bei Orchestern wie der Sächsischen Staatskapelle Dresden tätigen und als Solisten gefragten Ungarn Zoltan Macsai, der völlig kieksfrei und locker jubelnd sein Instrument in Stellung bringt. Seine Begleiterin am neuerdings verfügbaren klangvollen Bösendorfer ist die italienische Pianistin Veronika Kopjova, die mit ihrer Virtuosität, ihrem reichen Repertoire von Ausdrucksmitteln zu einem intensiven Austausch mit dem Solisten führt. Ähnlich gekonnt agiert die Künstlerin auch im abschließenden Klavierquartett g-Moll von Mozart, das seinen Reiz im Wechselspiel der Themen entfaltet, mit denen die Musiker untereinander korrespondieren. Standing Ovations auch diesmal. Fritz Jurmann