Wie der Kalte Krieg auch Österreich beeinflusste

Spannungen zwischen USA und Sowjetunion in Sachbuch neu aufgerollt.
Sachbuch Als Wien und Ostösterreich befreit waren, gab Stalin Karl Renner den Auftrag, eine provisorische Regierung zu bilden. Österreich sollte also wieder ein eigener Staat werden, während Hitler im Führerbunker nach wie vor Befehle erteilte. Das Ganze hatte aber einen Schönheitsfehler. Der Diktator war eigenmächtig vorgegangen, hatte die Regierungsbildung nicht mit den USA und England abgestimmt. Es war der Hauptfeind noch nicht besiegt, als sich im Hintergrund bereits ein neuer Konflikt abzeichnete: Der Kalte Krieg (1947-1989). Dieser sollte aber nicht mehr mit zerstörerischen Waffen geführt werden, sondern vielmehr geprägt sein von geheimen, psychologischen und taktischen Manövern und Drohgebärden zwischen den beiden Weltmächten, den USA und der Sowjetunion. Als Startschuss für den Kalten Krieg gilt die Rede des US-Präsidenten Truman im Kongress im März 1947, in der er ankündigte, etwaige Expansionsabsichten Stalins gegebenenfalls mit Waffengewalt (inklusive atomarer Waffen) zu unterbinden. In Österreich zeichnete sich 1945 ein erster Frontverlauf ab, der sich aber rasch auf andere Gebiete verlagerte. Einzig zogen sich die Verhandlungen um die staatliche Unabhängigkeit in die Länge. Erst 1955 sollte der Staatsvertrag zur Unterzeichnung kommen.
Die beiden Historiker Günter Bischof, geboren in Vorarlberg, und Hannes Ruggenthaler haben kürzlich ihren Band „Österreich und de Kalte Krieg“ vorgelegt. Bischof, ein gebürtiger Mellauer, lehrt in New Orleans (USA) und ist Experte für die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und den USA. Ruggenthaler ist Privatdozent und stellvertretender Leiter des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung und beschäftigt sich in erster Linie mit dem Kalten Krieg und der Sowjetunion. Sie legen mit diesem Band keine neuen Erkenntnisse vor, sondern fassen in geraffter Form den aktuellen Wissensstand zusammen. In 14 Kapiteln beschäftigen sie sich vor allem mit den ersten Jahren und dem langen, mühevollen Weg Österreichs zu seiner Eigenstaatlichkeit. Weitere Kapitel sind unter anderem den diplomatischen Bemühungen Österreichs zwischen Ost und West, der kulturpolitischen Vereinnahmung des Landes durch die beiden konkurrierenden Weltanschauungen, und Österreichs Positionen in Sachen Atomenergie und -waffen gewidmet. Gleichzeitig zeigen sich aber auch Lücken und bislang unterbelichtete Felder in der Forschung. Die Geschichte des Kalten Krieges ist in erster Linie eine der hohen Politik und Diplomatie. Es würde sich aber lohnen, den Blick von oben nach unten zu wenden und zu versuchen, die Geschichte aus der Sicht eines Normalbürgers oder einer Region zu rekonstruieren. Georg Sutterlüty
Österreich und der Kalte Krieg – ein Balanceakt zwischen Ost und West, Günter Bischof, Peter Ruggenthaler, Leykam, 336 Seiten