Sempé ist tot: Barmherziger Beobachter der menschlichen Komödie

Paris „Wir werden ihn nicht vergessen können. Sein Blick und sein Bleistift werden uns schmerzlich fehlen“, reagierte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf den Tod des Zeichners (89). „Jean-Jacques Sempé hatte die Eleganz, immer leicht zu bleiben, ohne dass ihm etwas entging.“
Der Nachwelt hinterlässt der Zeichner und Cartoonist über 40 Bildbände, darunter seinen größten Erfolg „Der kleine Nick“. Die Serie, im Original „Le Petit Nicolas“, ist zusammen mit dem 1977 gestorbenen Texter René Goscinny, Autor der Asterix-Hefte, entstanden. Sempé beschreibt eine Kindheit, die er sich stets erträumt hat. Die ersten Abenteuer wurden 1956 in Comic-Form in einer belgischen Zeitschrift veröffentlicht, bevor sie 1959 in der Regionalzeitung „Sud-Ouest“ abgedruckt wurden.
Mitte der 60er Jahre beschloss Goscinny, den verrückten Einfällen des Dreikäsehochs ein Ende zu setzen. Seitdem wurde der Kinderbuch-Klassiker regelmäßig neu aufgelegt, als Comic oder als Bücher seiner gesammelten Abenteuer. Im Jahr 2009 kamen die Abenteuer erstmals auf die Leinwand.
Sempé hat Geschichten über den Menschen in seiner Unvollkommenheit gezeichnet, das winzige Individuum in einer monströsen Umwelt oder den Bildungsbürger mit seinen Spleens. Mit seinem liebevoll-ironischen Strich war er dem kauzigen bis schrulligen Charme der Bourgeoisie auf der Spur, ebenso wie dem kleinen Mann, der aus der Masse hervorstechen will, oder den Schönen und Reichen.
Ein nachsichtiger Zeichenkünstler
Der Künstler wurde am 17. August 1932 bei Bordeaux geboren. In seinen Geschichten analysierte und ordnete er die Welt und die Menschen. Dabei nahm er sich selbst nie aus. „Ich zeichne meine eigenen Schwächen“, sagte der Künstler einmal. Und weil er seinen Figuren gegenüber, die oft in komplizierten menschlichen Beziehungsgeflechten stecken, stets Nachsicht walten ließ, nannten ihn die Kritiker auch den „barmherzigen Beobachter der menschlichen Komödie“.
Leute in lächerlichen Situationen zu zeigen, mache ihm keinen Spaß, erklärte er einst. Er bevorzuge es, Menschen darzustellen, für die er eher Sympathie als Antipathie empfinde. Der scheue Zeichenkünstler hat mehr als 60 Jahre lang die Menschen beobachtet und über das Leben philosophiert. Seine Geschichten über ihre Laschheiten und Falschheiten, ihre großen und kleinen Freuden und Enttäuschungen brachten ihm den Ruf ein, einer der größten Soziologen“zu sein.