Kultureller Kahlschlag
Als im vergangenen Dezember der Vorarlberger Landtag das Budget für das laufende Jahr beschloss, da war man schon einigermaßen schockiert ob der Tatsache, dass die Ausgaben für Kultur gerade einmal um gut zwei Prozent angehoben wurden. Und das bei einer nun vorliegenden Inflation von elf Prozent, wie das vor Kurzem von der Statistik verlautbart wurde. Ein Schelm, der unter diesen Voraussetzungen dem Kultursprecher der ÖVP, Christoph Thoma, folgt, der davon sprach (man muss es immer wieder erwähnen), dass „weniger auch mehr sein kann“. Ganz einfach: In diesem Fall kann es das eben nicht sein. Das zeigt sich jetzt schon in vielen Bereichen ganz deutlich. Und die Aufschreie der Intendantin des Vorarlberger Landestheaters und anderer Kulturverantwortlicher waren unüberhörbar. Auch wenn man solche Äußerungen im Landhaus nicht gerne hört, weil sie einfach Klartext sprechen. Auch gegenüber der Politik – und das ist man eben dort nicht gewohnt.
Das Landestheater muss auf eine Theaterproduktion im Jahr verzichten, die Oper – gemeinsam mit dem Symphonieorchester Vorarlberg – kann nur mehr alle zwei Jahre inszeniert werden, weil ganz einfach die Mittel fehlen. Ähnlich ergeht es den anderen großen Institutionen, dem Kunsthaus und dem vorarlberg museum, die beide auf mindestens eine Ausstellung pro Jahr verzichten müssen. Es betrifft aber in mindestens gleichem Maße auch die anderen, die vielen Ausstellungshäuser, die Konzertveranstalter, die verschiedensten Kulturgruppen, genauso und nicht zuletzt aber auch die einzelnen Künstlerinnen und Künstler, die eben weniger oder gar keine Aufträge mehr bekommen.
Neben dieser erschreckenden Entwicklung im Land gibt es aber auch eine andere, eine nationale Katastrophe: den ORF. Der von der nicht gerade überzeugenden Medienministerin Susanne Raab zum Sparen aufgeforderte OFR-General Roland Weißmann wies (wie schon viele vor ihm) geradezu schnappartig auf das einfachste Sparpotenzial hin: die Auflösung des Radio-Symphonieorchesters. Die Kritik darauf war in der kulturellen Welt zum Glück so heftig, dass es zu solchem Stumpfsinn wohl nicht kommen wird. Selbst in der Parlamentsdebatte am Mittwoch waren – naturgemäß mit Ausnahme der FPÖ – alle für die Beibehaltung dieses interanational angesehenen, vor allem für die zeitgenössische Musik elementaren Orchesters. Dass Weißmann mögliche Einsparungen darüber hinaus auch im hervorragenden Kulturkanal ORF III und in Sport+ sah, zeugt von seinen etwas einfachen Programmvorstellungen. Und es zeigt, dass er offensichtlich den gesetzlichen Kultur- und Bildungsauftrag des ORF nicht wirklich verstanden hat. Das Zusammenwirken dieser Medienministerin und dieses ORF-Generals scheint nicht gerade der Ausgangspunkt intellektueller Höchstleistungen im größten Kulturunternehmen der Nation zu werden.
„Neben dieser erschreckenden Entwicklung im Land gibt es aber auch eine andere, eine nationale Katastrophe: den ORF.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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