Coming of Age in einer vergangenen Zeit

Kultur / 24.03.2023 • 17:55 Uhr
Die Goldene HöhleCâtâlin Partenie, Hoffmann und Campe, 174 Seiten

Die Goldene Höhle

Câtâlin Partenie, Hoffmann und Campe, 174 Seiten

„Die Goldene Höhle“ heißt Câtâlin Partenies Debütroman – eine Entführung in das realsozialistische Bukarest der späten 80er-Jahre.

Roman Im Grunde ist „Die Goldene Höhle“ ein langer Brief über die Geschichte von Paul und Fanes Freundschaft. Fane, der Verfasser des Briefs, ist musikbegeistert und lebt in Bukarest. Als er die Schule schwänzt, lernt er in einem Tonstudio den Schlagzeuger und Philosophie-Studenten Paul kennen. Zwischen Paul und Fane entwickelt sich eine Freundschaft, die von Musik, dem Wunsch nach Freiheit, Hoffnung und Widerstand geprägt ist. Paul will eigentlich gar nicht Philosophie studieren, sondern als Musiker durchstarten. Sein Plan: Aus dem Studium und damit System rausfliegen und als Schlagzeuger in einer Band durchstarten. Gesagt, getan, Paul wird exmatrikuliert und schließt sich als Schlagzeuger einer Musikgruppe, die regelmäßig im Restaurant „Die Grotte“ gastiert, an. Paul spürt jedoch die ständige Unterdrückung seiner künstlerischen Freiheit, erträgt die Eintönigkeit nicht mehr und wird zunehmend unglücklicher mit seiner Entscheidung, bis er aufgrund mehrerer Fehltritte die Band verlassen muss. Nun verdient Paul mit der Bewachung einer Lagerhalle Geld. Schon bald stellen die Freunde fest, dass sie in der Halle tun und lassen können, was sie wollen. So wird aus einer Lagerhalle ein Proberaum – ihre „Goldene Höhle“ – in dem sie gemeinsam musizieren. Câtâlin Partenie schafft mit „Die Goldene Höhle“ eine Mischung aus einem flotten, humorvollen Coming-Of-Age-Roman und einem Zeitdokument des Rumäniens der späten 80er-Jahre. Der Autor bringt die Härte des Lebens als junger Mensch im Sozialismus sehr realistisch und mit einer gewissen Normalität auf den Punkt, geht dabei feinfühlig auf die Gefühle seiner Charaktere ein und erzeugt so eine emotionale Bindung zwischen Leser und Figuren. Besonders hervorzuheben sind hierbei die philosophischen Parts, die gekonnt mit dem Handlungsstrang verschmelzen.

Heiseres Wolfsgeheul

Ein Ausflug ins Reich der Gruselgeschichten gefällig? Ein entlegenes Bergdorf mit einer Täufergemeinschaft, umgeben von Wölfen und dunklen Wäldern lässt immer wieder aufhorchen, da in der Gegend Frauen und Mädchen spurlos verschwinden. So erdacht von Vera Buck in ihrem Roman „Wolfs­kinder“. Das brodelt und blubbert eine Zeit dahin, bis eine junge Lehrerin aus der Stadt die Kinder im Tal unterrichten soll und hier einiges aufmischt. Hinzu kommt die Journalistin Smilla, die in ihrer Jugend in dieser Gegend eine Freundin plötzlich verlor, bis heute gilt sie als vermisst, und so ganz nebenbei zieht es Rebekka, ein Mädchen aus dem Bergdorf, eher in die Stadt, diese ist bei den Bergmenschen jedoch verschrien. Die Weichen sind gestellt und der Leser wartet nur darauf, bis endlich der Berg, oder was dahintersteckt, nach seinem nächsten Opfer verlangt. Dann passiert es und das gleich im Doppelschlag, doch beim Leser löst es nicht den erwünschten Adrenalinschub aus. Wie das? Die Autorin hat sich angestrengt und Literatur ist bekanntlich Geschmacksache, das ist beim Thriller nicht anders. Es gibt jedoch Merkmale, warum eine Geschichte den erwünschten Sog entwickelt oder nicht. Bei „Wolfskinder“ sind einmal zu viele Charaktere am Werken. Auch bleibt man strukturell unklar: Beispielsweise, wenn Situationen gedoppelt werden. Warum verschwinden hier zwei Damen parallel? Hinzu kommt Unglaubwürdiges, gerade als Lehrer recherchiert man, wenn man in die Berge versetzt wird, was dort Sache ist und wird nicht quasi von jedem Unwetter überrascht. Dann geht es plötzlich um das deutsche Schulsystem, das gleicht einem Unterhaltungstod, abgesehen von der bösen Internet-Antenne am Berggipfel. Ein Thriller muss sehr bald ein Selbstläufer sein und ganz bewusst mit den Ängsten der Leser spielen. Schlag nach bei den üblichen Verdächtigen, die machen das seit 50 Jahren richtig.

WolfskinderVera Buck, Rowohlt 410 Seiten

Wolfskinder

Vera Buck, Rowohlt 410 Seiten