Kampf um Eisenmänner
Eine Diskussion, die man vor gut zehn Jahren für abgeschlossen hielt, ist neu entbrannt. Die „Eisenmänner“ des britischen Künstlers Antony Gormley, 2010 in einer Aktion des Kunsthauses Bregenz unter seinem Direktor Yilmaz Dziewior im Süden der Vorarlberger Bergwelt aufgestellt und zwei Jahre später wieder abgetragen, sollen wieder zurückkehren. Das wünscht sich der Kunstverein „Horizon Field“ und will das Projekt über Spenden und ohne öffentliches Geld neu realisieren.
Es war eine Sensation, als 100 lebensgroße Skulpturen – Körperkopien des Künstlers – im Jahr 2010 auf einer Fläche von 150 km² auf einer Höhenlinie von 2.039 Metern in den Bergen von Bregenzerwald, Klostertal und Arlberg aufgestellt wurden. Ein Riesenaufwand mit hunderten von Hubschrauberflügen, die die einzelnen Kunstwerke an oft unzugängliche, aber einsichtige Orte brachten, wo sie von Spezialtrupps aufgestellt wurden. Kaum eine Zeitschrift auf der Welt, die nicht über dieses Projekt, das von vornherein auf zwei Jahre begrenzt wurde, berichtete.
Ich bin kein Berggeher, habe also nicht allzu viele dieser Eisenmänner gesehen, es gab aber Besessene, die alle hundert Männer in Eisen besucht und auch dokumentiert haben. Wie immer: Beeindruckt war ich ebenso wie viele andere.
Und dann kam der große Streit: Ein Verein wurde gegründet, der die Installation auf den Bergen erhalten wollte, der Tourismus sah eine neue Attraktion und trat für das Verbleiben der Skulpturen ein, Kunsthausdirektor und Landespolitik pochten auf den vereinbarten Zeitplan und wollten die Berge wieder frei von den Eisenmännern machen. Antony Gormley stellte Bedingungen, die Kunst müsse im Vordergrund bleiben, nicht die Fremdenverkehrsattraktion. Ein langes Hin und Her endete mit dem Abbau der Skulpturen – Land und Kunsthaus blieben hart.
Und jetzt soll alles noch einmal von vorne begonnen werden. „Horizon Field“ will die hundert Eisenmänner wieder an ihre ursprünglichen Plätze zurückbringen, denn so könnte „Vorarlberg mit diesem kunsthistorisch bedeutsamen und international viel beachteten Kunstwerk sein ausgeprägtes kulturelles Profil erweitern“, wie der Obmann des Vereins, Otto Huber, meint. Und Antony Gormley zeigt in dem Kunstwerk gar die „dringende Notwendigkeit der Neuausrichtung unseres Verhältnisses zur Natur“.
„Ein langes Hin und Her endete mit dem Abbau der Skulpturen – Land und Kunsthaus blieben hart.“
Ganz anders sehen das die Naturschutz-Organisationen im Land, die meinen, dass „in der Hochgebirgslandschaft die Natur selbst die Attraktion sein soll“. Es bedürfe also keiner Eisenmänner, um uns an Klimawandel und all die anderen, die Natur bedrohenden Probleme zu erinnern. Noch scheint nichts entschieden, es könnte also spannend werden, wie der „Kampf“ zwischen Naturschutz und Kunst – wenn es denn einer werden soll – ausgehen wird. Einmal abgesehen davon, dass die Politik vielleicht auch noch ein Wörtchen mitreden wird.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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