Ist bald Schluss mit der Hexenjagd?

Das Thema Funkenhexe ließ bei der Diskussion im vorarlberg museum niemanden kalt.
Bregenz Am Mittwochabend fand im vorarlberg museum eine Podiumsdiskussion statt, die die weitere Zukunft der Funkenhexe im Mittelpunkt hatte. Experten aus verschiedenen Bereichen kamen bei der Diskussion, die von VN-Chefredakteur Gerold Riedmann moderiert wurde, zu Wort.
Die Debatte wurde im Februar aufgrund der Darstellung einer Funkenhexe in Vandans entfacht, da diese als Klimaaktivistin dargestellt worden war. Fragen wie „Was ist die Bedeutung der Funkenhexe für die Region Vorarlberg?“ oder „Wie kann die Tradition des Funkens bewahrt werden, ohne dass sie an Authentizität verliert?“ wurden während des Gesprächs im voll besetzten Saal diskutiert.
Die deutsche Historikerin Veronika Heilmannseder ist der Auffassung, dass das Verbrennen einer Frauenfigur nicht mehr dem Zeitgeist entspricht und daher zur Diskussion stehen muss. Dabei betonte sie, dass es heute eine große Herausforderung ist, sämtlichen Parteien gerecht werden zu wollen. Jedoch müssten Kausalitäten aufgelöst werden: „Das Funkenabbrennen stellt eine Vermischung diverser Traditionen dar, welche wandelbar sind“, betonte die Historikerin.
Martin Fitz, Generalsekretär der Österreichischen UNESCO-Kommission, erläuterte, warum der Funkenbrauch immaterielles UNESCO-Kulturerbe ist, betonte aber auch gleichzeitig, dass die UNESCO nicht vorschreibe, dass eine Hexe auf dem Funken platziert und verbrannt werden müsse. Der Brauch in seiner gegenwärtigen Form sei mit den Statuten der UNESCO vereinbar, in denen Misogynie kein Ausschlusskriterium darstellt. „Die Entscheidung über die Gestaltung des Brauchs liegt letztendlich bei der Bevölkerung und ihrer Bewertung des Brauchtums“, unterstrich Fitz.
Potenzial für Veränderungen
Michael Kasper, Leiter der Montafoner Museen und Mitglied der Kunstkommission des Landes Vorarlberg, vertritt aus Sicht eines Historikers die Auffassung, dass die Hexe auf dem Funken nichts mit den historischen Hexenverbrennungen im Mittelalter zu tun habe. Der Brauch wurde ursprünglich dazu eingeführt, um den Winter auszutreiben. Kasper erkennt jedoch das Potenzial für Veränderungen, hält Verbote jedoch für den falschen Ansatz. Der Museumsleiter plädierte dafür, konstruktive Vorschläge für die Weiterentwicklung des Funkenbrauchs zu suchen.
Barbara Lässer, die erste Frau in der Position der Präsidentin des Verbands der Vorarlberger Fasnatzünfte, und Christian Pellini, Zunftmeister der Funkenzunft Bludenz, sind offen für Gespräche und Vorschläge. Beide zeigen sich bereit, Veränderungen anzustoßen. Die Tatsache, dass mit Lässer eine Frau diese Position innehat, zeige, dass ein Umdenken und eine Modernisierung bei den Funkenzünften im Gange sind.
Während der Diskussion zum Thema Tradition und Fortschritt beim Funkenabbrennen meldeten sich verschiedene Stimmen aus dem Publikum zu Wort. Eine interessante und alternative Sichtweise wurde von Funkenmeister Christoph Metzler aus Brederis geäußert. Er betonte, dass es durchaus möglich sei, das Funkenabbrennen in moderne Kontexte zu integrieren, ohne eine Hexenfigur zu verwenden. In Brederis sei es schon seit längerer Zeit Tradition, keine Hexenfigur mehr auf dem Funken zu platzieren. Stattdessen werden die Besucher des Funkens von einer strahlenden Sonne erleuchtet, die eine besondere Atmosphäre schafft. Das Beispiel von Brederis zeigt, dass es Raum für neue Ideen und eine Offenheit gegenüber Veränderungen gibt.
Kulturelle Vergangenheit
Experten und Zuhörer waren sich einig, dass das Funkenabbrennen eine wertvolle Tradition in Vorarlberg ist, die bewahrt werden sollte. Es wurden aber auch verschiedene Vorschläge gemacht, wie das Funkenabbrennen auch ohne Hexenfigur in einen modernen Kontext integriert werden könnte. Was das Gespräch auch gezeigt hat: Eine Gesellschaft definiert sich nicht zuletzt über ihre kulturelle Vergangenheit; die Meinungen darüber, was zum Kulturerbe zu zählen ist, sind allerdings unterschiedlich. Die aktuelle Ausstellung im vorarlberg museum, „Was uns wichtig ist“, beschäftigt sich übrigens genau mit diesem Thema. VN-AMA, JMA

Ich finde, dass es das Brauchtum des Funkens geben sollte. Was es aber auf keinen Fall mehr geben sollte, ist, dass symbolhaft ein Mensch verbrannt wird, gleichgültig ob Frau oder Mann. Die Zünfte sollten sich ein Symbol überlegen, das sie stattdessen verwenden.
Dr. Thomas Jungblut, Bregenz

Die Tradition ist schön, aber ich finde nicht, dass eine Funkenhexe noch zeitgemäß ist. Ganz im Gegenteil: Ich bin der Meinung, dass es in der Tat mehr als zu hinterfragen ist, ob heute – oder überhaupt irgendwann – eine Frau auf einem Funken verbrennt werden muss. Veronika Feuerstein, Bregenz

Als ich 1995 nach Vorarlberg gekommen bin, lernte ich zum ersten Mal diesen Brauch kennen. Ich habe mich damals schon gefragt, ob es notwendig ist, eine Hexe zu verbrennen, und ich kann ganz klar sagen, dass ich es unnötig finde und ich dagegen bin. Marianne Broger, Alberschwende