Unvergleichliche „Schöne Müllerin“

Kultur / 21.06.2023 • 16:10 Uhr
Bariton Konstantin Krimmel (30) erwies sich als wahrer Glücksgriff.  <span class="copyright">Schubertiade GmbH (5)</span>
Bariton Konstantin Krimmel (30) erwies sich als wahrer Glücksgriff. Schubertiade GmbH (5)

Bariton Konstantin Krimmel setzte höchste Maßstäbe, Hornist Anton Doppelbauer debütierte.

SCHWARZENBERG Es gilt bei der Schubertiade nach wie vor als Ritterschlag, wenn ein Sänger einen der großen Liederzyklen Schuberts singen darf. Freilich erst, nachdem er sich in mehreren Auftritten dafür qualifiziert hat. Dem deutsch-rumänischen Bariton Konstantin Krimmel (30), seit drei Jahren hier tätig, wurde von Gerd Nachbauer nun nach vier Konzerten Schuberts „Schöne Müllerin“ anvertraut. Es war ein Glücksgriff, denn Krimmel gestaltete eine so verstörende und dabei musikalisch überragende Version dieses Gipfelwerks der Liedkunst, wie man sie hinreißender hier bisher kaum hören konnte. Eine Sternstunde des Liedgesanges!

Standing Ovations für Konstantin Krimmel und Daniel Heide.
Standing Ovations für Konstantin Krimmel und Daniel Heide.

Es gibt wohl keine bessere Vorlage für einen jungen Sänger als Schuberts „Müllerin“, sein Repertoire an Ausdrucksvielfalt, Farben und äußerer und innerer Bewegtheit darzustellen. Krimmel geht es als verliebter Müllerbursche gemächlich und besonnen an, artikuliert so deutlich, dass man das Textheft getrost beiseitelegen kann, breitet selbstbewusst die Schönheiten seines wohlig geerdeten Baritons im „Feierabend“ aus („Und der Meister spricht zu allen …“). Und lässt auch gleich mit einer Besonderheit aufhorchen, die man von Christoph Prégardien kennt. Er verpasst der romantischen Liedreihe in barocker Manier kleine typische Verzierungen der Melodielinie, was vom glänzend präsenten Daniel Heide am Klavier freudig aufgenommen wird, und fährt auch sein Vibrato zurück.

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Das vermittelt ungewohnt neue Einsichten ins Innenleben von Werk und Interpret, wenn sich dessen Zorn gegen den Widersacher mit Vehemenz („Die böse Farbe“) und Schnellsprechkunst („Der Jäger“) entlädt, der ihm die geliebte Müllerin vor der Nase wegschnappt. „Trockne Blumen“ bilden resigniert den Abgesang ans Leben, der Müllerbursche findet in „Des Baches Wiegenlied“ seine letzte Ruhe. Im Saal ist es totenstill geworden, dann bricht ein Orkan aus, der sich in Standing Ovations für beide Künstler Luft macht. Der in gleicher Stimmlage und ähnlichem Outfit agierende Schubertiade-Star Andrè Schuen sollte sich Sorgen machen über diese neue Konkurrenz, die noch dazu ihre aktuelle „Müllerin“-CD bei Alpha präsentiert hat.

Helmut Deutsch begleitete am Klavier den Tenor Mauro Peter.
Helmut Deutsch begleitete am Klavier den Tenor Mauro Peter.

Der gebürtige Luzerner Mauro Peter (36) war tags darauf umso lieber zur Schubertiade zurückgekehrt, als ihm dieses Festival nach seinem Debüt 2012 viele Türen zur Opernbühne öffnete, u. a. zu Harnoncourts Mozart-Da Ponte-Zyklus im Theater an der Wien. Während er dort als junger lyrischer Tenor glänzte, scheint ihm hier der einleitende Schubert-Block weniger zu behagen. Die Lieder nach Texten von Johann Gabriel Seidl geraten ziemlich einförmig und verkrampft, leicht angestrengte Höhe und das Nachdrücken der Endsilben lächelt er tapfer weg. Da kann auch der sorgsam am Klavier waltende Altmeister Helmut Deutsch wenig ausrichten.

Farbe ins Geschehen brachte der Feldkircher Hornist Anton Doppelbauer (23).
Farbe ins Geschehen brachte der Feldkircher Hornist Anton Doppelbauer (23).

Farbe ins Geschehen bringt dann der mit Master und Bachelor top ausgebildete junge Feldkircher Hornist Anton Doppelbauer (23) ins Geschehen, erblich vorbelastet durch seinen Großvater J. F. Doppelbauer, einem der führenden österreichischen Kirchenmusiker des 20. Jahrhunderts. In Schuberts „Auf dem Strom“ macht er mit seinem Instrument, das die Melodiestimme virtuos umspielt, trotz kleiner technischer Probleme gute Figur, fügt sich gekonnt in das hochkarätige Trio ein und darf damit auf ein gelungenes Schubertiade-Debüt verweisen.

Tenor Mauro Peter brachte die Zuhörer beim unvermeidlichen „Veilchen“ zum Schmunzeln.
Tenor Mauro Peter brachte die Zuhörer beim unvermeidlichen „Veilchen“ zum Schmunzeln.

Auch Mauro Peter weiß im zweiten Teil dank seiner Opernerfahrung mit Mozartliedern aus dessen schmalem Oeuvre weit mehr anzufangen als mit Schubert, bringt die Zuhörer beim unvermeidlichen „Veilchen“ ebenso zum Schmunzeln wie beim Lied „Die betrogne Welt“, die damit auch für ihn wieder in Ordnung ist.

Fritz Jurmann

Im Rundfunk: 27. Juni (Krimmel), 25. Juli (Peter), jeweils 14.05 Uhr Ö1