Vogelfeinde und Vogelfreunde

Mit einem Fenster zum Hof, einer Schreckschusspistole und viel Zweideutigkeit.
Roman Die Ideen, auf denen Christina Walkers Romane basieren, sind nicht nur vielversprechend, sondern in ihrer Skurrilität geradezu genial. In ihrem zweiten Roman „Kleine Schule des Fliegens“ ist der Handlungsort nur wenig größer als der alte Mercedes in „Auto“, aber ebenso starr. Protagonist Alexander Höch, der sich von einer Chemotherapie erholen soll, bezieht die Wohnung seines Bruders. Nicht freiwillig, sondern einquartiert von seiner Ehefrau, die das Reihenhaus gerade renoviert. Wenn Alexander aus dem Fenster blickt, sieht er eine Platane, auf der Krähen nisten. Wie im US-amerikanischen Spielfilm „Das Fenster zum Hof“ von Alfred Hitchcock beobachtet der rekonvaleszente Mann die Vögel, die, wie es scheint, immer mehr werden. Die Nachbarin Melitta Miller, die sich um ihn und die Wohnung kümmern soll, rückt mit einer Schreckschusspistole und einem Auftrag an: Alexander soll Krähen vergrämen.
Stattdessen solidarisiert er sich mit den Vögeln. Schon gerät er zwischen die Fronten von Vogelfeinden und Vogelfreunden und der Kampf wird immer skurriler. Zwischen den Zeilen ist unschwer zu erkennen, dass die aus Hard stammende Walker im übertragenen Sinne die Zuwanderung von Geflüchteten, die Angst vor Überfremdung, die Abwehrhaltung und das schwindende Mitgefühl am Schicksal anderer thematisiert. Umso bedauerlicher ist es, dass das Buch so überhaupt nicht berührt. Vielmehr liest es sich wie eine Aneinanderreihung von Sätzen, die ratlos zurücklassen. Das ist ob der originellen Ideen ausgesprochen schade.
Kleine Schule des Fliegens, Christina Walker, Braumüller Verlag, 208 Seiten