Weltklasse auf Stradivari

Kian Soltani ist Solist im Festspiel-Orchesterkonzert des SOV.
BREGENZ Ein Musiker von einsamer Größe, die derzeit kein anderer seiner Generation erreicht: Kian Soltani, klassischer Cellist mit internationalem Ruf und weitem Horizont. Seine iranischen Eltern, gleichfalls Musiker, haben ihn im Alter von vier Jahren mit seinem Instrument vertraut gemacht. Mit zwölf begann er in Basel zu studieren, es folgten erste Auftritte, Preise, Tourneen.
Es hat etwas gedauert bis zu Ihrem Debüt mit 30 im Vorjahr bei den Festspielen?
SOLTANI Ich hatte keine Eile und dachte, eines Tages wird es so weit sein. Und dann war es umso schöner, weil das Warten so lange gedauert hat, dieses Debüt vor ausverkauftem Haus im Vorjahr mit dem ersten Cellokonzert von Schostakowitsch und den Wiener Symphonikern.
Nun wurden Sie heuer gleich wieder eingeladen, diesmal mit dem Symphonieorchester Vorarlberg und dem zweiten Schostakowitsch-Konzert. Was fasziniert Sie an dieser Musik?
SOLTANI Es ist ein sehr großer Unterschied zwischen den beiden Werken, auch für mich persönlich. Das erste Konzert habe ich schon sehr oft aufgeführt, auch in meiner Jugendzeit, bei Wettbewerben, und habe sehr viel Erfahrung damit gesammelt. Das zweite Cellokonzert ist für mich eine Premiere, das habe ich komplett neu einstudiert und werde es zum allerersten Mal im Konzert spielen. Es ist weniger populär als das erste, auch weit introvertierter, komplexer und düsterer als das sehr eingängige erste Stück – also eine ganz andere Reise. Das wird sicher eine spannende Erfahrung für mich zusammen mit dem SOV.
Welche Rolle spielt für Sie die Schubertiade, wo Sie seit 2012 fast jährliche Auftritte hatten?
SOLTANI Die Schubertiade war sehr wichtig für mich. Es war auch der erste Moment, bei dem ich gemeinsam mit dem Pianisten Aaron Pilsan ein Konzert gespielt habe und damit auch der Beginn unserer fruchtbaren musikalischen und persönlichen Freundschaft. Das hat dann einige Jahre später auch zu unserem ersten gemeinsamen Album geführt, das wir im Markus-Sittikus-Saal aufgenommen haben. Ich bin dort auch musikalisch aufgewachsen, denn ich habe bei diesem Festival als Notenwender begonnen und hatte dabei Gelegenheit, große Künstler bei der Arbeit zu beobachten. Wie verhalten sie sich backstage, bevor sie auf die Bühne gehen – das war für mich sehr spannend zu erleben. Und dann eines Tages selber hier auftreten zu dürfen, war für mich natürlich ein tolles Erlebnis.
Das war der Start Ihrer internationalen Karriere, die dann von Künstlern wie der Geigerin Anne-Sophie Mutter und dem Dirigenten Daniel Barenboim entscheidend geprägt wurde?
SOLTANI Ich habe sehr viel gelernt von den beiden. Barenboim hat mir die Verbindung zum West-Eastern Divan Orchestra hergestellt, das für mich sehr wichtige menschliche Ideale verkörpert wie Gleichberechtigung, Menschenrechte und gegenseitigen Respekt fernab von politischen Konflikten. Anne-Sophie Mutter gab mir sehr schöne musikalische Impulse, technische Tricks am Instrument und auch finanzielle Unterstützung, um Projekte zu verwirklichen – also ich bin beiden sehr dankbar.
Sie spielen ein kostbares Stradivari-Cello – was ist das Besondere daran?
SOLTANI Es heißt „London ex Boccherini“ und es ist natürlich ein großes Privileg, ein so wunderbares Instrument spielen zu dürfen, auf dem einst Boccherini selbst musiziert haben soll. Es ist ein Instrument, das so viel Erfahrung mitbringt, was man nach über 300 Jahren in der Reife des Holzes und des Klanges einfach spürt. Das ist der große Unterschied zu modernen Instrumenten, die sind wie ein unbeschriebenes Blatt.
SOV bei den Festspielen: 20. August, 11 Uhr, Bregenz, Festspielhaus, Dirigent: Leo McFall, Solist: Kian Soltani, Violoncello