Die Latte extrem hoch gelegt

Berauschende Matinee des Internationalen Blasmusik-Camps der Bregenzer Festspiele.
Bregenz Die Steigerung der Blasmusik, wie wir sie alle schätzen, ein Symphonisches Blasorchester, wie es im Rahmen der Jungen Festspiele heuer in sechster Auflage für das Internationale Blasmusik-Camp (IBC) erneut aktiviert wurde. Die Abschluss-Matinee am Sonntagvormittag im vollbesetzten Festspielhaus übertraf sowohl bezüglich der Anzahl der mitwirkenden einhundert Musiker auf der proppenvollen Bühne als auch deren Leistungsniveau alles bisher Dagewesene und stieß auf eine begeisterte Welle der Zustimmung.
Kein Mittelmaß
Dieses Niveau ist nur deshalb möglich, weil man sich bei der Auswahl der Teilnehmer nicht mit Mittelmaß begnügt. „Es dürfen nur Leute bei diesem Camp mitspielen, die das Goldene Leistungsabzeichen als höchste Qualitätsstufe erreicht haben“, so Martin Kerschbaum (62), der dieses Projekt 2013 gemeinsam mit den rührigen Funktionären Christoph Indrist und Wolfram Baldauf vom Blasmusikverband Vorarlberg aus der Taufe gehoben hat und es seither künstlerisch leitet. Er hat mit dem „Tanz der sieben Schleier“ aus der Oper „Salome“ von Richard Strauss, das manchem mittleren Symphonieorchester ordentlich den Schweiß auf die Stirn treibt, diesmal als Spitzenwerk für seine Truppe die Latte extrem hoch gelegt. Das ist kein Problem für die jungen Teilnehmer im Alter von 12 Jahren und aufwärts, geschätzt die Hälfte davon ist weiblich. Die sind aus den Bodensee-Anrainerstaaten, den österreichischen Bundesländern und rund die Hälfte aus Vorarlberg angereist, um in einer Art Crashkurs in der Schule Marienberg innerhalb von fünf Tagen ein komplexes zweistündiges Konzertprogramm perfekt einzustudieren.
Strahlemann am Pult
Kerschbaum ist im Hauptberuf eigentlich Schlagwerker der Wiener Symphoniker, greift aber seit zwei Jahrzehnten auch als Linkshänder immer mehr zum Taktstock. Dabei hat er mit seiner verbindlichen, aber in der Sache sehr konsequenten Art als scheinbar ewig junger, von allen geliebter Strahlemann am Pult viel Erfolg. Mit ihm zusammen sind auch diesmal zehn ausgewählte Dozenten aus den Reihen der Wiener Symphoniker im Boot, um Registerproben zu betreuen und beim Abschlusskonzert mitzuwirken. Für alle Mitglieder dieses hoch inspirierten Kollektivs gelten hier die besonderen Anforderungen eines Symphonischen Blasorchesters. Das klingt dann bei besonders gepflegter Klangkultur und sauberer Intonation im besten Fall wie diesmal samten weich, fast wie eine Orgel oder ein „richtiges“ Symphonieorchester, auch wenn die Geigen fehlen. Dafür müssen ein Wald von Klarinetten und verwandten Holzbläsern herhalten, eine Vielzahl klanglich vielfältiger Blechblas-Instrumente, eine Hörnergruppe, ordentlich Schlagzeug und als Besonderheit auch zwei Harfen, Kontrabass, E-Gitarre und Celesta. Diese Vielfalt wiederum muss durch ausgeklügelte Spezialarrangements in der rechten Balance gehalten werden. Klingt kompliziert, ist es auch.
Martin Kerschbaum hat dieses Material zur Verfügung gestellt und die Matinee auch diesmal entlang der Eckpunkte der Festspiele zwischen Klassik und Filmmusik programmiert. Natürlich leuchten da die vertrauten Puccini-Melodien aus „Madame Butterfly“ am See herauf, der im Programm der Begriff „Appassionato“ mit „leidenschaftlich“ zu danken ist. Da grüßt Verdi mit Marschthemen aus seiner Hausoper „Ernani“, und die Zuhörer baden sich wohlig in den zwar etwas anderen, aber nicht unvertrauten Klängen dieser „Bläser-Symphoniker“.
Trompetengewitter
Nat King Coles Dauerbrenner „Unforgettable“ erhält mit den beiden Duo-Solisten Christian Marti, Flügelhorn, und Julia Baldauf, Posaune, sowie dem high-notes-vertrauten Solotrompeter Martin Degasper ein charmantes Outfit. Der bekannte Marsch aus „Star Wars“ wird zum kriegerischen Trompetengewitter und der Sound aus dem Film „The Wizard of Oz“ mit dem Welthit „Somewhere over the Rainbow“ erinnert an die Klangfülle des unvergessenen Hollywood Bowl Symphony Orchestra. Die bewährte Moderatorin Bettina Barnay-Walser macht sich als „Mutter der Kompanie“ zum Sprachrohr der gewaltigen Musikerfamilie und hält das Publikum bei Laune.

