Sie spielen, als gälte es ihr Leben

Christoph Eberle begeisterte mit seinem neuen Quarta-Projekt in großer Besetzung.
SCHWARZENBERG Das war ein Start nach Maß, den Christoph Eberle am Mittwoch am Beginn seiner neuen fünfteiligen Konzertreihe im Angelika-Kauffmann-Saal hingelegt hat. Im achten Jahr des Bestehens seines länderübergreifenden Quarta-Projektes hat er in der „großen Version“ mit einem Blockbuster wie Dvoráks „Aus der Neuen Welt“ aufgetrumpft und damit ein Rufezeichen gesetzt, das alles Bisherige in den Schatten stellt. Unglaublich, wie es ihm gelingen konnte, innerhalb von wenigen Tagen 70 junge Musiker von 15 bis 25 Jahren aus der Region auf seine Intentionen einzuschwören. Die Youngsters spielen, als gälte es ihr Leben.
Begeisterungsfähiges Publikum
Der Abend im fast voll besetzten Saal hat aber auch formal etwas von einem Festkonzert der Jugend. Auf der Bühne haben sie sich, alle in Schwarz, in Schale geworfen, die Damen meist im langen Abendkleid, die Herren mit Anzug und Mascherl. Auch im Publikum entdeckt man etliche Frauen in der alten schmucken Wäldertracht mit schicken Sommerhüten, dazu viel Jugend. Sie ergeben zusammen ein diszipliniertes, hoch konzentriertes und begeisterungsfähiges Publikum, das auch nicht versucht ist, nach jedem Satz einfach unüberlegt zu klatschen wie früher.
In solch besonderem Ambiente kann auch besondere Musik entstehen. Mit einem Wald von allein 25 ersten Geigen und Konzertmeisterin Valerie Ettenauer, mit flinken Hölzern und schwerem Blech, Horngruppe und Schlagwerk ist das Orchester in der Romantik gut gerüstet. Für Christoph Eberle muss es ein besonderes Gefühl der Genugtuung sein zu wissen, dass diesmal seine vier, mittlerweile erwachsenen, Kinder im Orchester mitspielen, die alle den Weg zur Musik gefunden haben.
Den Solopart beim teils etwas sperrigen Violinkonzert am Beginn übernimmt der aus Wangen im Allgäu stammende, professionell ausgebildete Oskar Kaiser. Er ist dem Quarta-Orchester seit Langem als Geiger und Konzertmeister verbunden, spielt das halbstündige Werk mit seinen hohen technischen Anforderungen komplett auswendig, virtuos, aber mit großer innerer Ruhe und äußerer Überlegenheit, betont in den Kadenzen und im Dialog mit dem flexibel begleitenden Orchester den nordisch-schwermütigen Charakter des Werkes. Eberle dirigiert ebenfalls den ganzen Abend auswendig, er hat die Partitur im Kopf und die Augen bei seinen Musikern, mit Charisma und einer Präsenz, der sich niemand entziehen kann.
Mut wird belohnt
Und dann der Konzertsaal-Knüller, Dvoráks Symphonie Nr. 9, „Aus der Neuen Welt“, die lange auf der Wunschliste des Orchesters stand. Nun wird auch Eberles Mut belohnt, die Verantwortung für ein Werk zu übernehmen, von dem auch das Publikum jeden Ton kennt. Das Risiko ist überschaubar, denn letztlich ziehen alle an einem Strang, geben ihr Bestes, und das ist nicht wenig. Das Quarta-Orchester wird an diesem Abend über weite Strecken zu einem absolut professionell wirkenden klangvollen Ganzen, abgesehen von kleinen Passgenauigkeiten und Unebenheiten, die den tollen Flow des Gesamteindrucks nicht zu trüben vermögen.
Da blühen nun die berühmten wehmütigen Melodiebögen auf, angelehnt an die Musik der indigenen Einwohner Amerikas, wie sie Dvořák durch seine böhmische Brille betrachtet hat. Auch das elegische Englischhorn-Solo im zweiten Satz, das Stefan Negurici nervenstark und betörend bläst. Eberle aber disponiert, brilliert, fasziniert, ist in seinem Element und erinnert gerade mit diesem Werk an unvergessene Abende als Dirigent seines einstigen SOV. Er strapaziert auch die Lautstärke des Orchesters nie über Gebühr und kommt so auch mit der Akustik des Saales zurecht, die eigentlich auf die kleineren Formen der Kammermusik ausgelegt ist. Ein denkwürdiger Abend in der Quarta-Geschichte!

8. September Waldorfschule Wangen, 19.30 Uhr; 9. September Montforthaus Feldkirch, 19.30 Uhr; 10. September Festspielhaus Bregenz, 18.00 Uhr