Jon Fosse erhält Nobelpreis für Literatur

Der Norweger wird für „seine innovativen Theaterstücke“ sowie seine Prosa ausgezeichnet.
Stockholm Jon Fosse erhält in diesem Jahr den Nobelpreis für Literatur. Das gab die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekannt. Der norwegische Autor erhalte den wichtigsten Literaturpreis der Welt für seine innovativen Theaterstücke und seine Prosa, mit der er „dem Unsagbaren eine Stimme gibt“, sagte der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, bei der Bekanntgabe in der Stockholmer Altstadt. Fosse meinte in einer ersten Reaktion, es habe ihn überrascht, den Anruf zu erhalten, „doch gleichzeitig auch nicht. Ich habe mich in den vergangenen zehn Jahren behutsam auf die Möglichkeit vorbereitet, dass das passieren könnte. Es war mir eine große Freude, den Anruf zu erhalten.“
Trilogie der Langsamkeit
Jon Fosse hat die Welt der Literatur mit seinen fesselnden Werken erobert. Sein einzigartiger Erzählstil und seine tiefgründigen Geschichten haben Leserinnen und Leser auf der ganzen Welt in ihren Bann gezogen. Jon Fosse wuchs in bescheidenen Verhältnissen in der Kommune Kvam in Hardanger auf, was sein Schreiben nachhaltig beeinflusste. Der Autor hat wiederholt betont, wie wichtig ihm die alltäglichen Erfahrungen und Emotionen der Menschen sind, und diese Themen spiegeln sich in seinen Werken wider. Fosses Romane und Theaterstücke sind bekannt für ihren introspektiven Charakter. Er taucht tief in die Gedanken und Gefühle seiner Figuren ein, um die menschliche Psyche in all ihren Facetten zu erforschen. Sein bekanntestes Werk, die „Trilogie der Langsamkeit“, besteht aus den Büchern „Melancholie“, „Die Nacht singt ihre Lieder“ und „Ein Sommer“.
In diesen Werken reflektiert Fosse über das Leben, den Tod und den Sinn des Daseins. Fosse hat nicht nur die norwegische Literaturlandschaft geprägt, sondern auch internationalen Ruhm erlangt. Seine Werke wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Internationale Ibsen-Preis und der Europäische Preis für Literatur.
Vorarlberg-Bezug
Fosse pflegt enge Verbindungen zu Österreich und hat auch einen Bezug zu Vorarlberg. Der frisch gekürte Literaturnobelpreisträger wohnt sowohl in den beiden norwegischen Städten Oslo und Frekhaug bei Bergen als auch in der niederösterreichischen Gemeinde Hainburg an der Donau. In Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Komponisten Georg Friedrich Haas entstand die Oper „Morgen und Abend“ nach Fosses Roman „Morgon og kveld“ aus dem Jahr 2000. Die eindrucksvolle Oper, Haas’ siebtes Musiktheaterwerk, wurde am 13. November 2015 auf der Hauptbühne des Royal Opera House in London uraufgeführt und war auch im Opernhaus Graz zu sehen. Der Daily Telegraph beschrieb das Werk als „hypnotisch schön… sie bewegt sich wie das skandinavische Wetter – Wolken ziehen auf, Nebel verdichtet sich, der Wind heult, Donnerschläge krachen – durch eine eisige Landschaft aus schimmernden mikrotonalen Klängen, die sowohl präzise kalibriert als auch unheimlich atmosphärisch sind“.
Im Jahr 2000 wurden drei seiner Stücke in deutscher Übersetzung an den wichtigsten deutschsprachigen Bühnen inszeniert: Bei den Salzburger Festspielen, an der Schaubühne am Lehniner Platz und am Deutschen Theater Berlin, am Thalia Theater Hamburg und am Schauspielhaus Zürich. Im vergangenen Jahr hatte die Schwedische Akademie die französische Schriftstellerin Annie Ernaux zur Literaturnobelpreisträgerin gewählt. Ernaux war damit erst die 17. Frau unter den bisher 119 Literaturnobelpreisträgern. In den vergangenen Jahren ging der Preis abwechselnd an Männer und Frauen.

