Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Eine Schule ohne Kultur

Kultur / 06.10.2023 • 18:24 Uhr

Es ist eine interessante Veranstaltung, die alljährlich am letzten September-Samstag in Hittisau stattfindet. Seit sechs Jahren organisieren Johann Steurer, Hermann Hagspiel und Markus Faißt die „Landgespräche“. Fünf Stunden sitzen da mehr als 200 Besucherinnen und Besucher und hören den teilweise hoch stehenden Vorträge zu. Allein das ist eine Leistung. Neun Referenten traten vergangenen Samstag ans Pult, anschließend noch eine Diskussion zum Thema der Tagung, „Kulturlandschaft – und wir in ihr“. Viel kann man dazu sagen, so viel, dass hier nicht einmal ein Überblick gegeben werden kann. Aber eines geht, etwas „herauspicken“, das mir von besonderer Bedeutung erscheint. In diesem Fall war das das Referat von Evelyn Fink-Mennel, die ein tristes Bild von der musischen Bildung in den Schulen zeichnete.

Evelyn Fink-Mennel ist eine der herausragenden Musikerinnen und Musikwissenschaftlerinnen des Landes, sie ist zudem wie nur ganz wenige in der Lage, Menschen jeden Alters auf ihre musikalische Reise mitzunehmen, sie zum Mitsingen oder auch Mitjodeln zu animieren. Sie ist, um es einfach zu sagen, eine Musikantin allerersten Ranges, weshalb sie auch als Unterrichtende an der Stella Musikhochschule in Feldkirch junge Menschen für Musik begeistert. Man soll also ihr Urteil sehr ernst nehmen – und das fällt in Sachen Musik an den Schulen vernichtend aus. So kritisiert sie, dass an den Schulen kaum mehr oder gar nicht mehr gesungen wird, dass also eine Generation ohne Lieder heranwächst – wenn man einmal vom Techno, der über die elektronischen Geräte weitergegeben wird, absieht.

Der Lehrermangel, der immer deutlicher wird, tut das Seine dazu. Denn da man in den Schulen kaum mehr in der Lage ist, den Lehrplan mit den vorhandenen Lehrpersonen zu erfüllen, wird gekürzt. Das trifft natürlich nicht die Hauptfächer, das trifft die sogenannten Nebenfächer. Musik und der bildnerische Bereich fallen den Kürzungen zuerst zum Opfer, denn „das braucht man nicht unbedingt“. So wird fälschlicherweise argumentiert. Fink-Mennel sieht das anders, sie kritisiert die kulturelle Verarmung unserer Jugend an den Schulen, sie sieht eine Generation heranwachsen, die nicht mehr in der Lage ist, gemeinsam ein Lied zu singen. So, wie das beispielsweise nach den „Landgesprächen“ im Gasthaus „Krone“ in Hittisau noch möglich war.

Den Vorwurf kann man natürlich der Politik nicht ersparen, denn trotz offensichtlicher Bemühungen war es nicht möglich, ausreichend Lehrpersonen für das angelaufene Schuljahr zu bekommen. Die Bildungsdirektion des Landes hätte wohl auch mehr darauf drängen müssen, dass der Mangel an Lehrpersonal nicht nahezu ausschließlich die musischen Fächer trifft. Denn dass Kultur kein Luxus, sondern zentrale Lebensgrundlage ist, sollte sich inzwischen auch in die Schulverwaltung und verantwortliche Politik durchgesprochen haben.

„Der Lehrermangel, der immer deutlicher wird, tut das Seine dazu.“

Walter Fink

walter.fink@vn.at

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.