Vom Weltschauer zum Weltträumen

Günter Brus, Anne Imhof, Tarek Atoui und Precious Okoyomon 2024 im Kunsthaus Bregenz.
BREGENZ Das Ausstellungsprogramm des Kunsthaus Bregenz (KUB) für das kommende Jahr bietet wahrhaft ein Highlight nach dem anderen. Vier renommierte Künstler – Günter Brus, Anne Imhof, Tarek Atoui und Precious Okoyomon – präsentieren ihre Kunst im KUB und zeigen künstlerische Positionen zum Menschen, seinem Verhältnis zum Körper und zu einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft.
Thomas D. Trummer
Den Anfang macht Günter Brus ab dem 17. Februar, ein Pionier der Body Art und bedeutender österreichischer Künstler der Nachkriegszeit. In Bregenz wird erstmals das Œuvre dieses „Wiener Aktionisten“ präsentiert. Seine radikalen Aktionen aus den 1960er- und 1970er- Jahren, die sich zwischen Literatur und bildender Kunst bewegen, verweben sich mit seinen neueren, bisher unveröffentlichten Werken aus der Pandemiezeit.
KUB-Direktor Trummer: „Das Kunsthaus Bregenz ist kein Museum, sondern ein Haus, in dem Ausstellungen immer wieder Neues hervorbringen. Während andere Häuser Retrospektiven zeigen, haben wir diesen einzigartigen Raum. Ich glaube, dass auch das Werk von Brus hier besonders zur Geltung kommt. Das KUB hat die einzigartige Fähigkeit, Kunst, so unterschiedlich sie auch sein mag, wirkungsvoll zu präsentieren. Ich sehe das Kunsthaus fast als Resonanzraum für die unterschiedlichsten Künstler, deren künstlerische Wellen sich hier verändern. Das umfangreiche Werk von Günter Brus, das von Aktionskunst und Performances bis zur Malerei reicht, kommt hier besonders gut zur Geltung, und ich finde, dass der Begriff ,Serie‘ kaum ausreicht, um seine in der Pandemie gefertigten Arbeiten zu beschreiben.“
Bereits kurz vor dem Einzug des Sommers wird Anne Imhof das KUB in eine andere Welt verwandeln. Bekannt für ihre dystopischen, technoiden Unterwelten, wird sie sich in Bregenz auf Malerei und Skulptur konzentrieren. Die Sommerausstellung, die am 8. Juni beginnt, verspricht eine eindrucksvolle Umgestaltung des KUB, die den Besucher in zwei unterschiedliche Zonen entführt.
„Anne Imhof plant, im Kunsthaus quasi zwei unterschiedliche Zonen zu schaffen, ihre Vision ist es, das Kunsthaus gewissermaßen zu teilen. Ein erster Entwurf zeigt eine Tribüne, von der aus man in den anderen Raum schauen kann, auch wenn der Zugang von dieser Seite nicht möglich ist. Wir sind alle sehr gespannt, wie diese Idee umgesetzt wird“, freut sich der KUB-Direktor.
Körper und Klang
Im Herbst, vom 14. September bis 3. November, lädt der libanesisch-französische Soundkünstler Tarek Atoui zur Erkundung elektroakustischer Klang- und Geräuschwelten ein. Nach zwei erfolgreichen Performances 2017 und 2018 in Bregenz nutzt Atoui erneut die akustisch sensiblen Räume des KUB, um die Beziehung zwischen Körper und Klang zu erforschen.
Den Abschluss des KUB-Jahresprogramms bildet ab dem 16. November die nigerianisch-amerikanische Künstlerin und Lyrikerin Precious Okoyomon. Ihre Werke, die sich mit Themen wie Migration, Ausbeutung, Sklaverei und der Suche nach Glück beschäftigen, versprechen eine eindrückliche Auseinandersetzung mit kolonialistischen Praktiken und deren Auswirkungen auf die Natur.
Trummer: „Einmal äußerte sie den Wunsch, sich aus dieser Welt zu träumen. So wie es bei Brus einen Weltschauer gibt, so findet sich bei Precious Okoyomon das Weltträumen und vielleicht auch die Suche nach Glück“.
Die Zusammenarbeit mit den Bregenzer Festspielen wird mit der Uraufführung des Opernateliers „Hold Your Breath“ am 15. August fortgesetzt. Die gemeinsame Produktion bietet dem Publikum einen Einblick in die Entstehung eines Musiktheaterwerks.
Mit einer Rekordzahl von 60.000 Besuchern bis Ende 2023 blickt das KUB optimistisch in die Zukunft. Das Budget für 2024 beläuft sich auf 3,25 Millionen Euro, wovon ein Großteil aus Landesbeiträgen stammt. Auch das Online-Angebot des Kunsthauses wächst und soll bis Ende des Jahres 200.000 Besucher erreichen. VN-AMA
