Die Blackbox des Lebens

Die Leandobühne zeigt „Das perfekte Geheimnis“ auf der Bühne des Hermann Gmeiner Saals in Alberschwende.
Alberschwende Sich eines so erfolgreichen Stücks wie „Das perfekte Geheimnis“ anzunehmen ist nicht nur ein besonderes Wagnis und eine enorme Herausforderung, sondern verlangt von den Dartstellern unglaublich viel Disziplin. Die deutsche Filmkomödie „Das perfekte Geheimnis“ von Bora Dagtekin, ein Remake des italienischen Kinofilms „Perfetti Sconosciuti“ („Völlig Unbekannte“) von Paulo Genovese aus dem Jahre 2016, kam 2019 in die deutschsprachigen Kinos und wurde auf Anhieb zu einem Kassenschlager, hatte über fünf Millionen Kinobesucher und wurde mit dem Sonderpreis „Besucherstärkster Film“ vom Deutschen Filmpreis 2020 ausgezeichnet.
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Das ist nicht wirklich überraschend, wenn man die Besetzungsliste für den Film betrachtet: Elyas M’Barek, Florian David Fitz, Jessica Schwarz oder Karoline Herfurth sind beliebte, weil ausgezeichnete Schauspieler. Deshalb ist es eher etwas verwunderlich, warum der Stoff erst 2023 für die Bühne entdeckt worden ist, denn die deutschsprachige Uraufführung von „Das perfekte Geheimnis“ fand erst im Oktober 2023 in der Komödie am Kurfürstendamm in Berlin unter der Regie von Martin Woelffer statt.

Keine zwei Monate später steht das Stück bereits auf dem Spielplan der Leandobühne Alberschwende, dessen Premiere am vergangenen Samstag im Hermann Gmeiner Saal stattfand. Regie führte Heidi Salmhofer, eine umtriebige Theatermacherin, die unter anderen im August dieses Jahres das erfolgreiche Theaterstück, „Die Korrektur eines Tunichtsguts“, das sie selbst konzipierte, am Alten Rhein beim Kieswerk Kopf in Altach zur Uraufführung brachte. Das Stück ist schnell erzählt: Sieben Freunde treffen sich zu einem gemeinsamen Abendessen, auch um die für die Nacht angekündigte Mondfinsternis mit einem Teleskop zu betrachten. Da beispielsweise über Ehrlichkeit diskutiert wird, kommt die Idee auf, all die Nachrichten, die im Laufe des Abends auf ihren jeweiligen Smartphones eintreffen, in der Runde vorzulesen bzw. die einkommenden Telefonate mitzuhören. Was als harmloser Jux unter Freunden beginnt, endet, wie kann es anders sein, in einer mittleren Katastrophe. Denn alle Anwesenden haben alle ihre eigenen, mitunter dunkelsten Geheimnisse. Wie sagt Annemarie Bereuter, die die Eva glaubhaft verkörpert: „Das Smartphone ist die Blackbox unseres Lebens.“ Das Smartphone bzw. das Internet vergisst nicht. Alles, was wir per Smartphone im Internet suchen, jeden Kontakt den wir pflegen, ist in diesem fein säuberlich verzeichnet und kann jederzeit wieder sichtbar gemacht werden, obwohl wir glauben, dass mit der Löschung von diversen Nachrichten diese unwiederbringlich verloren sind. Weit gefehlt. Man denke nur an die wieder hergestellten Chats von Politikern und anderen Personen des öffentlichen Lebens.

„Das perfekte Geheimnis“ ist kein leichtes Stück. Die pointierten Dialoge und der skurrile Wortwitz verlangen von den Schauspielern eine unglaubliche Disziplin, damit die Screwball-Elemente und die Situationskomik zünden. Dafür braucht es in der Regel professionelle Schauspieler, die das nötige Know-how mitbringen. Die Leandobühne ist durchweg mit Laiendarstellern besetzt. Sie alle kämpfen sich ihren Stärken entsprechend durch das Kammerspiel, das mit zunehmender Dauer von gegenseitigem Misstrauen bis hin zum völligen Bruch getragen wird. Großes Lob an alle Darsteller, Sophia Immler als Bianca, Gerhard Immler als Leo, Simon Martin als Pepe überzeugen. Die Inszenierung ist solide, man hätte den Wortwitz und einige kleine Gemeinheiten noch mehr herausarbeiten können und sich von dem einen oder anderen Darsteller ein emphatischeres und energischeres Spiel gewünscht. Applaus.
Thomas Schiretz
Leandobühne Alberschwende
„Das perfekte Geheimnis“ von Paolo Genovese
Weitere Aufführungen: www.leandobuehne.at