Ein Eröffnungsabend im KUB ist ein Erlebnis

VN-Interview mit Thomas D. Trummer (56), Direktor des Kunsthauses Bregenz.
Bregenz Thomas D. Trummer, seit Mai 2015 Direktor des Kunsthaus Bregenz, wurde kürzlich für eine dritte Amtsperiode bis 2030 bestätigt. Unter seiner Leitung hat das Kunsthaus Bregenz an internationaler Ausstrahlung gewonnen und herausragende Ausstellungen mit einigen der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler realisiert.

Zunächst ein Blick zurück: Können Sie einige der größten Erfolge Ihrer bisherigen Amtszeit hervorheben?
Thomas D. Trummer: Ich denke, alle Ausstellungen wären eine Erwähnung wert. Besonders stolz bin ich auf Ausstellungen mit Künstlerinnen und Künstlern wie Adrián Villar Rojas, Jakob Lena Knebl & Ashley Hans Scheirl, Anna Boghiguian und Michael Armitage. VALIE EXPORT ist eine weitere Künstlerin, deren Arbeit im Kunsthaus Bregenz beeindruckt hat. Ein besonderes Highlight ist auch die aktuelle Ausstellung mit Solange Pessoa, die nicht nur visuell, sondern auch durch Gerüche und akustische Elemente ein ganzheitliches Erlebnis bietet.
Ein Eröffnungsabend im Kunsthaus Bregenz ist ein Erlebnis. Stellen Sie sich vor, es ist sieben Uhr abends, kurz vor der Eröffnung, und Sie gehen über den Kornmarkt. Menschen sind zu sehen, die in Richtung KUB strömen, wie eine Fangemeinde, die sich zu einem Fussballspiel versammelt. Eine beeindruckende Szene, die belegt, wie sehr die Ausstellungen von der Bregenzer Bevölkerung angenommen und geschätzt werden. Dieses Gemeinschaftsgefühl, das in solchen Momenten entsteht, ist etwas Besonderes. Es gibt den Menschen das Gefühl, nicht nur als Gäste willkommen zu sein, sondern auch Teil eines erinnerungswürdigen Geschehens.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher des KUB im Jahr 2024?
Wir beginnen mit Günter Brus, ein Name, der zunächst überraschen mag. Brus, bekannt als Wiener Aktionist, der vor allem in den 1960er-Jahren aktiv war, hat Werke geschaffen, die auch heute noch aktuelle Themen aufgreifen. Eine seiner Serien, die mich besonders fasziniert, zeigt ihn als gipsernen Untoten – eine Darstellung, die Fragen nach Identität und Spaltung aufwirft. Es ist ein kraftvolles Bild, in dem die Grenzen zwischen Künstler und Werk, zwischen Schöpfer und Geschöpf verfließen. Die Sommerausstellung wird von Anne Imhof, einer herausragenden Figur des zeitgenössischen Kunstlebens, gestaltet. Ihr Werk bietet eine intensive Raumerfahrung, die sich mit dem Thema der Teilung auseinandersetzt. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Raum und Körper wird erlebbar. Mit Tarek Atoui steht ein Musiker auf dem Programm, der bereits zweimal mit großem Erfolg in Bregenz aufgetreten ist. Für seine Performances arbeitet er sowohl mit professionellen Musikern als auch mit Laien zusammen. Schließlich zeigen wir Precious Okomoyon, deren Ausstellung in Venedig beeindruckt hat, und wir freuen uns sehr, ihre Arbeiten in Bregenz zeigen zu können. Ihre Arbeit unterstreicht die Fähigkeit des KUB, Naturmaterialien in Ausstellungen zu integrieren, ein Aspekt, der von anderen Institutionen unterscheidet.

Wie sehen Sie die Rolle des Kunsthauses Bregenz in der zeitgenössischen Kunstszene?
Trummer: Das Kunsthaus Bregenz funktioniert besonders gut, wenn es natürliche Materialien präsentiert. Wir bieten den Künstlern einen Raum, in dem sie ihre Ideen mit möglichst wenig Einschränkungen frei entfalten können. Diese Offenheit wird mit einmaligen künstlerischen Ergebnissen belohnt. Wir sind stolz darauf, ein Ort zu sein, an dem Kunst in ihren vielfältigen Formen erlebt werden kann.

Welche konkreten Ziele und Visionen haben Sie für das Kunsthaus Bregenz bis 2030?
Trummer: Mein Ziel ist es, die Vielfalt der Kunst zu unterstützen und zu zeigen, dass im Kunsthaus alles möglich ist – vom Leisen bis zum Lauten, vom Widerspenstigen bis zum Behutsamen. Wir werden unsere monografische Ausrichtung beibehalten und weiterhin in der Vermittlung und mit Kooperationsprojekten aktiv sein. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Einbeziehung junger Menschen. Wir haben festgestellt, dass zur Eröffnung der Pessoa-Ausstellung mehr junge Besucher kamen als sonst, das ist sehr ermutigend.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Künstler und Ausstellungen aus und wie sehen Sie die Rolle des Kunsthaus Bregenz in der zeitgenössischen Kunstszene?
Trummer: Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler erfolgt nach mehreren Kriterien. Zunächst suchen wir nach herausragenden Persönlichkeiten des internationalen Kunstgeschehens. Dann ist es wichtig, dass die Kunstschaffenden mit dem Raum, der Architektur des Kunsthauses umgehen können. Wir legen Wert auf Immersion und Vielfalt in der Auswahl. Vorgaben jedoch sollte es keine geben. Auch meine persönliche Vorstellung von Kunst verändert sich laufend, sie formt sich mit jeder Ausstellung neu.

Wie sieht die Zusammenarbeit des Kunsthaus Bregenz mit anderen Kulturinstitutionen aus?
Trummer: Die Zusammenarbeit mit anderen Kulturinstitutionen ist ein wichtiger Aspekt unserer Tätigkeit. Wir haben langjährige Kooperationen, zum Beispiel mit der Poolbar, die uns hilft, ein jüngeres Publikum zu erreichen, oder auch mit dem Philosophicum Lech. Außerdem organisieren wir im Sommer Konzerte und das Open-Air-Kino. Auch die Zusammenarbeit mit den Bregenzer Festspielen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.

Welche Rolle spielt das KUB in der Kunstvermittlung, insbesondere für junge Menschen?
Trummer: Bildung und Vermittlung sind zentrale Aspekte unserer Arbeit. Jüngere Positionen wie Bunny Rogers oder Precious Okoyomon, sprechen ein junges Publikum an. Über Social Media, vor allem Instagram, pflegen wir Kontakt zu jüngeren Zielgruppen. Wir bleiben flexibel und integrieren interdisziplinäre und multimediale Elemente in unsere Ausstellungen. Damit möchten wir zeigen, wie bereichernd ein Besuch im Kunsthaus Bregenz sein kann.